Szilágyi András (szerk.): Ars Decorativa 19. (Budapest, 2000)

András SZILÁGYI: Aus dem Hradschin in Prag in die Burg von Forchtenstein. Über die Herkunft eines hervorragenden Prunkstückes der Esterházy-Sammlung

grosse Anzahl von Kunstwerken in die Prager Schatzkammer Rudolfs II. gelangt ist 1 . Von den damaligen Geschenkgebern verdienen von unserem Gesichtspunkt aus zwei Personen eine besondere Aufmerk­samkeit: Die spanische Infantin Isabella Klara Eugenia (1566-1633), vor allem aber ihr Gatte, Erzherzog Albert VII. (1559­1621), der bekanntlich der sechste Sohn Kaiser Maximilians IL, das heisst der jüngste Bruder Rudolfs II. gewesen ist. (Abb. 7-8.) Seine bewegte, ereignisreiche Laufbahn war grundlegend von den Vorstellungen und dem Vorsatz des spa­nischen Königs, Philipp IL, beeinflusst, der ihn im Jahr 1595 zum Statthalter der Niederlande ernannt hatte. Von dieser Zeit an lebte er in Brüssel, in der dortigen Residenz der Habsburger, und auch zu seiner Eheschliessung kam es im Jahr 1599 in dieser Stadt 14 . Das erste Jahrzehnt des 17. Jahrhunderts war eine durchaus abenteuerliche Periode in der statthalterischen Tätigkeit des Erzher­zogs. In dieser Zeit spitzten sich unheilvolle Kontroversen zwischen ihm, bzw. dem fran­zösischen König Heinrich IV., der gegen ihn einen Feldzug eingeleitet hatte, sowie dem Herzog von Nassau, Moritz von Oranien, dem „starken Mann" der protestantischen nördlichen Niederlande, zu. Jener Waffen­stillstand, den ihm mit seinem grössten Rivalen, Herzog Moritz von Oranien, im April 1609 zu schliessen gelang, bedeutete wenngleich nicht eben die Beseitigung der Gegensätze, so doch wenigstens ihre Mil­derung, zugleich aber auch die Festigung seiner Herrschaft. Während der diesem Waffenstillstand vorangehenden mehr­monatigen Verhandlungen und des dies­bezüglichen Feilschens konnte der Statt­halter der südlichen Niederlande die ganze Zeit über mit dem wirksamen Beistand der kaiserlichen Diplomatie, das heisst des Hofes zu Prag rechnen. Deshalb wird er schon einen richtigen Grund dafür gehabt haben, dass er sich als einen Mann zu betrachten hatte, der seinem älteren Bruder, Rudolf II. zu Dank verpflichtet war. Nun aber ist es vorstellbar, dass dieser Umstand, also der Dank und die nicht unbegründete Verpflichtung gegenüber dem „Haupt" der Familie und des ganzen Reiches - worüber die um diese Zeit geschriebenen Briefe des Erzherzogs ein beredtes Zeugnis ablegen — auch auf eine, sozusagen „greifbare" Weise zum Ausdruck gekommen sind. Unter anderem in der Auswahl solcher Geschenke und ihrer Entsendung nach Prag, die zu Recht mit dem Interesse des grossen Kunst­kenners mit untrüglichem Geschmack, Kaiser Rudolfs, rechnen konnten. Ausser dem allgemein bekannten regen Interesse Rudolfs II. für das Sonderbare und Exotische lohnt es sich zudem, auch noch einen weiteren Umstand in Betracht zu ziehen. Jene Tatsache nämlich, dass dem ersten Meister der Nürnberger Gold­schmiedezunft, der zugleich ein in allge­meiner Ehre stehendes Mitglied des städtischen Magistrats, also der leitenden Körperschaft Nürnbergs gewesen ist, bereits seit dem Anfang des 17. Jahrhunderts, also auch um jene Zeit, im Jahr 1609 eine begeisterte Anerkennung und Hoch­schätzung seitens des Hofes zu Prag, so auch des Regenten persönlich ent­gegengebracht wurden. Wohl wird das kein Geheimnis vor der Brüsseler Residenz, das heisst vor dem Erzherzog Albert und seiner engsten Umgebung geblieben sein. Nun aber gehört jene prachtvolle Goldschmiede­arbeit, die genau seit dem Jahr 1609 die Prager Schatzkammer bereichert, wegen der Verwendung der schon an sich besonders wertvollen, aus der Südseegegend stam­menden Trochus-Muschel ohne Zweifel zu den exotischen Raritäten. Ihr Meister ist — nach dem unmissverständlichen Beweis seines Meisterzeichens — kein anderer, als der bereits erwähnte Hans Petzolt, dessen Name in den oben zitierten Angaben der Prager Inventare mit Betonung bemerkt wird. 15

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