Imre Jakabffy (szerk.): Ars Decorativa 8. (Budapest, 1984)
BATÁRI, Ferenc: Der „Crivelli-Teppich"
Wesentlich ist die Komposition des Budapester Teppichs eine auf zwei Motiven reduzierte Variante des sich endlos wiederholenden Musters. Die Entfaltung dieses Typs durfte laut der zwei Grundvariante des sog. Holbein-Musters ausgebildet sein. Das sich horizontal und vertikal in mehreren Reihen wiederholende Muster, entsprechend den sog. kleinteilig gemusterten Holbein-Teppichen —• d.h. dem anatolischen kleinteilig gemusterten Crivelli-Teppich — ist vorläufig noch nicht zum Vorschein gekommen. Der Budapester Teppich entspricht den grossteilig gemusterten Holbein-Teppichen, das Mittelfeld wird von einigen vergrösserten Details des charakteristischen Holbein-Medaillons geschmückt. Ähnlicher Entwicklungsprozess ist im Falle der Bode- und Marby-Teppiche zu bemerken. Da überblieb ebenfalls das grossteilige Muster, dagegen das archaistischere „kleinteilige" ist auf Kunstgegenständen unbekannt. Solche in der bildenden Kunst dargestellte Teppiche, auf denen wir entsprechend der benannten zwei Teppiche, kleinteilige Musterung, sehen, d.h. wo mehrreihige, sich wiederholende Varianten dieses Musters befinden, dient als Beispiel die Freske von Domenico di Barlo, gemalt um 1440/44 für Spedale Santa Maria della Scala in Siena. 7 Das sich endlos wiederholende Sternmuster war schon in der Seldschuk-Periode beliebt, einige Versionen finden wir auf Teppichen in Istanbuler Türk ve Islam Eseleri Müzesi und auch in der Sammlung des Konyaer Mevlana Müzesi. 8 Weitere Varianten tauchen auf den die mittelalterlichen Überlieferungen treu bewahrenden anatolischen, aus dem 18—19. Jahrhundert stammenden Nomadenteppichen auf. 9 Vielleicht stehen zu den einstigen kleinteilig gemusterten Crivelli-Teppichen die nomadischen Wirkteppiche (Yörük) aus MittelAnatolien des 19. Jahrhunderts nahe, geschmückt mit ihren in achteckige Medaillons komponierten achtzackigen Sternreihen, von denen eine achtsternige Version im Istanbuler Vakiflar-Museum zu sehen ist, 10 und eine viersternige auf der Ausstellung der deutschen Privatsammler im Jahre 1978 zur Schau gestellt wurde. 11 Dieselbe Komposition ist auch auf den spanischen Teppichen vom 15. Jahrhundert zu finden, wahrscheinlich bewahren diese am treuesten die Traditionen der Originalzeichnungen der grossteilig gemusterten Crivelli-Teppiche. Die früheren Forschungen haben überzeugend bewiesen welche Wirkung die anatolische Teppichkunst aus dem 15. Jahrhundert auf dieselbe zeitgenössische spanische Kunstart ausgeübt hatte, wonach das Dekor der spanischen kleingemusterten Holbein-Teppiche gleich mit den anatolischen Holbeins ist, die Verknotung aber zeigt eigenartige lokale technische Lösungen. Die vertikal zweireihige Quadrierung 12 des zu den Staatlichen Museen zu Berlin gehörenden Alcazar-Teppichs aus dem 15. Jahrhundert — verbrannt im Jahre 1945 — ist mit dem Aufbau der obenerwähnten zwei anatolischen Nomadenteppichen identisch, die achteckigen Medaillons werden aber nicht durch achtzackige Sterne, sondern durch 16-zackige, Kaleidoskop-artig gegliederte Sterne des Budapester Crivelli-Teppichs gefüllt. Eine grossteilig gemusterte Variante befindet sich in Victoria and Albert Museum zu London, auf deren anatolischen Ursprung auch K. Erdmann hinweist 13 (Abb. 5). Die überaus charakteristischen Zierelemente des Budapester Crivelli-Teppichs 5. KNÜPFTEPPICH, ALCAZAR, 15. Jh., VICTORIA AND ALBERT MUSEUM, LONDON