Imre Jakabffy (szerk.): Ars Decorativa 6. (Budapest, 1979)
SZILÁGYI, András: Unbekannte Werke aus dem 16—17. Jahrhundert in der Sammlung für Kleinplastik
ANDRÁS SZILÁGYI UNBEKANNTE WERKE AUS DEM 16 — 17. JAHRHUNDERT IN DER SAMMLUNG FÜR KLEINPLASTIK Etwa fünfzig Jahre nach den Anfängen der „autonomen Kleinplastik" — gleichzeitig mit deren ersten Blütezeit in Italien — bildet sich in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts in den mitteleuropäischen Bergwerksgebieten eine eigentümliche Art dieser Kunstgattung. Das Material der hier verfertigten Werke ist meistens Silbererz von seltener Form, das von gegossenen Figuren, bzw. Szenen dekoriert ist. Auf Werken dieser Art rufen das amorphe Material und die künstlerisch bearbeiteten Figuren gemeinsam eine eigenartige, manchmal, sogar bizarre Wirkung hervor. Diese sogenannten Handsteine waren besonders beliebte, in des Wortes wahrster Bedeutung reine Schaustücke der damaligen aristokratischen Sammlungen. Die grösste Anzahl der erhalten gebliebenen Werke wurde in den tiroler Bergwerksgebieten, sowie im wichtigen Zentrum des Bergbaus in Böhmen, in Joachimsthal hergestellt. Es wird durch schriftliche Quellen bestätigt, dass in der Mitte des 16. Jahrhunderts ähnliche Stücke auch in den Werkstätten der „niederungarischen Bergwerkstädte" entstanden. 1 Die Sammlung des Herzogs von Bayern Albrecht V, sowie jene des Habsburger Erzherzogs Ferdinand bewahrte ziemlich viele Exemplare der Handsteine. In der letzteren kommen in grosser Zahl mit C V Monogramm bezeichnete Stücke vor. Seit den Forschungen von E. W. Braun ist es bekannt, dass diese Signatur den Namen des Caspar Ulich, Goldschmied und Siegelstecher in Joachimsthal, bezeichnet. 2 Aus den Werken dieses Meisters besitzt das Kunsthistorische Museum in Wien eine grössere Sammlung, eins seiner Arbeiten bewahrt das „Grüne Gewölbe" in Dresden. ;î Das Museum für Kunstgewerbe, Budapest, erwarb vor einigen Jahren ein authentisches Werk des Caspar Ulich, das aus einer Budapester Privatsammlung stammt'' (Abb. 1—2.). Unser Stück ist ein 10 cm hoher Guss, verfertigt aus der Legierung von Blei und anderen Metallen. Auf der Vor- und Rückseite ist je eine plastische Darstellung zu sehen. Es ist also ein auf zwei Ansichte komponiertes Werk, das in Hinsicht auf Mass, Bearbeitung und Thema von einem der Darstellungen mit einem Wiener Handstein des Meisters eine gewisse Ähnlichkeit aufweist 5 (Abb. 3.). Auf beiden Werken kommen Eigentümlichkeiten der verschiedenen Kunstarten, d. h. der Rundplastik und des Hochreliefs gleichfalls zur Geltung. Form und Aufbau, sowie figurale 71