Imre Jakabffy (szerk.): Ars Decorativa 6. (Budapest, 1979)
WEINER, Piroska: Französische Exlibris und Kleingraphik
che erscheint bereits dieser Exlibris-Typ, der von der sich an den Wappen und Emblemen darstellenden Traditionen lostrennen möchte und Themen wählt, die sich zur Persönlichkeit der Besteller oder Eigentümer vielmehr anpassen und deren Interessenkreis ausdrücken. Dieser Typ taucht schon früher im Gebiet der französischen Exlibriskunst auf, als anderswo. Das hier vorgezeigte schöne Exemplar schmückte die Bibliothek eines Vertreters der französischen Intelligenz des 18. Jahrhunderts, undzwar eines Ärzteprofessors (Abb. 1). Am Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die sog. Wappen-Exlibriskunst neuerlich sehr beliebt. In weiten Kreisen verbreitete sich das einfache Exlibris, ohne typographische Darstellung. Verhältnismässig lange dauerte die Beliebtheit der schön geschnitzten, leeren Rokoko-Kartusche, dahinein kam der Name des Besitzers. Ein Beispiel dazu zeigt uns das selbstgeschnitzte Buchzeichen von P. A. Varin, ein Graveur von Paris (Abb. 2—3). In dieser Epoche erscheint auf dem Exlibris die immer mehr tiefsenniger werdende Darstellung der Persönlichkeit. Auf dem Kupferstich von J. Réaux sehen wir die Wiedergabe einer Bibliothek, das dieses Blatt noch zum höheren Werte kommen lässt. Es wird der herbe Humor, „amertume", insbesondere geschätzt, der auch in dessen Aufschrift zum Vorschein kommt: „Scavant ne puis — Chercheur je suis" — sagt der in der Bibliothek suchend-forschender Mensch (Abb. 4). Die französischen Blätter der Sammlung unseres Museums von der zweiten Blütezeit dieser Kunstart beobachtend (zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts und die Jahrhundertwende), finden wir auffallend, dass diese in ihrem Charakter nicht so sehr für selbständige bildende Kunstwerke gehalten werden dürften, da ihr Konzept lieber illustrativ sei. Die meisten entstanden zugunsten eines geistreichen Gedanken oder durch einen Spruch, und die dazu gehörenden Zeichnungen hauptsächlich deren Illustrationen sind. Noch häufiger kommen graphische Darstellungen irgendwelche Sentenze, sog. „bonmots" vor, natürlicherweise sich zu solchen Gedanken knüpfend, welche die Persönlichkeit des Eigentümers vielmehr charakterisieren. Dies sind also die typischen Züge der französischen Exlibriskunst. Das technische Niveau der Epoche beachtend sind wir darüber nicht überrascht, dass die häufigsten technischen Lösungen Kupferstich, Lithographie und die Heliogravür sind. Auch die hier vorgestellten Künstler wendeten meistens diese Lösungen an. In unserer Sammlung kommen all diese Exemplare auch durch Klischee verfertigt vor. Die französischen Exlibris-Blätter und die Kleingraphik-Signets bieten uns in ihren vielsagenden, geistreichen ,, aperçus" eine interessante Lehre, die einem zu denken gibt. Einer der bekanntesten und am häufigsten reproduziertes Werk der französischen Exlibriskunst ist das für die Gebrüder Goncourt, Edmond und Jules verfertigte Exlibris von P. Gavarni, wo der Meister die ,, Frères" mit den zwei Fingern einer Hand vergleicht. Gavarni schuf meistens Lithographien für die satirische Zeitung Charivari. Die hier erwähnte Gavarni-Zeichnung wurde von Jules de Goncourt, dessen graphische Tätigkeit bekannt und geschätzt wurde, gestochen, d. h. geätzt (Abb. 5). Man schreibt in erster Linie Aglaüs Bouvenne (1829—1903) das Liebgewinnen der sich zur Persönlichkeit knüpfenden Exlibriskunt mit dem französischen Bibliophilen zu. Diese neuartige, auch für „ro188