Imre Jakabffy (szerk.): Ars Decorativa 6. (Budapest, 1979)

CSERNYÁNSZKY, Mária: Kasein „cum cruce veneciana"

Die einzelnen Objekte wurden vorher zusammengeschrieben, einige derartige In­ventare blieben erhalten. Zumeist sind sie wortkarge Aufzählungen 2 , doch existieren auch einige aufschlussreiche ausführliche Texte. Ein solcher ist das Kirchenschatz­verzeichnis des Hauptklosters des Pauli­ner-Eremitenordens in Budaszentlőrinc vom Jahre 1532. 3 Ursache seines Entstehens ist die drohende Türkengefahr: die Furcht vor der Besitznahme von Buda durch die osmanische Macht. 4 In diesem Inventar erscheinen nach den Edelmetallgeräten die Textilien recht ausführlich — wenn auch nicht für uns völlig wünschenswert — beschrieben. Sie sind zahlenmässig be­nannt: 49 Kasein — in Wahrheit aber nur 47, denn No. 17 und 18 wurden aus­gelassen. Ausgangspunkt für unser Thema ist die Beschreibung der Kasel No. 36: „... purpurea rubra deaurata, cum cruce veneciana habens imagines sanctorum re­gum Stephani, Ladislai ac Emerici". Im Paulinerinventar führen ausser dieser noch 5 andere Kasein die Bezeich­nun „cum cruce veneciana" 5 , 6 : No. 3, 8, 14, 15 und 27. Bei No. 15 bemerkt der Konskriptor, dass auf dem schönen vene­zianischen Kreuz die Jungfrau Maria, der ungarische König St. Ladislaus und die heilige Helena dargestellt sind. Die Beschreibung der Kasel No. 36 entspricht mit den Figuren zwei erhalte­nen ungarischen Messgewändern. Das eine, zum Esztergomer (Graner) Dom­schatz gehörig, ist dort ausgestellt. 7 Ihm ist 1590 das Wappen des János Kutassy, damals Bischofs von Győr (Raab), später Erzbischof von Esztergom, aufgenäht. Er kann dieses, mehr als hundert Jahre äl­tere Stück aus einem nach Kassa oder Pozsony geretteten älteren Schatz erhal­ten haben. Auf dem vertikalen Kreuzbal­ken erscheinen in Dreikuppel „San Mar­co"-Nische die Madonna, unter ihr, wie in dem Paulinerinventar, die heiligen Kö­nige Ungarns; auf den horizontalen Kreu­zesenden als Halbfiguren der hl. Hierony­mus mit einem Kirchenmodell und ein heiliger Bischof (Augustinus) mit Pasto­rale, aber ohne sonstiges Attribut. Die andere Kasel mit „ungarischen Heiligen" gehört dem Museum für Kunst­gewerbe in Budapest. 8 Auf ihr finden sich unter „Miracoli"-Arkaden die eben be­schriebenen gestickten Darstellungen in gleicher Reihenfolge. Bei dem Hl. Imre (Emmerich) ist nur die Kuppel erhalten, der Teil darunter fiel der barocken Ver­kürzung zum Opfer. Die Figuren beider Kaselkreuze sind nach ein und demselben Vorbild entstan­den. Für die Abweichungen ist vor allem ihre Ausführung durch verschiedene Hän­de, für die Esztergomer Kasel auch ihre Restaurierung (ungefähr um 1860) in Be­tracht zu ziehen. Für uns ist dabei wesent­lich, dass die von Grönwoldt richtig als venezianisch erkannten Arkaden auf un­seren beiden Kaselkreuzen die gleichen Gestalten rahmen, die das Paulinerinven­tar beschreibt, das noch die treffenden Worte „cum cruce veneciana" 9 zufügt. Demnach sind unsere beiden Kasel­kreuze nahe Verwandte der beschriebenen, aber verlorengegangenen von Budaszent­lőrinc. Die Pauliner vertrauten ihren Kir­chenschatz damals der Familie Drugeth von Homonna zur Aufbewahrung an. Leider gingen sie nachher verloren; als sie von der Familie Drugeth König Ferdinand für den Orden zurückverlangte, aber ohne Erfolg. Erst im 18. Jahrhundert wurden 1. KASEL NR. 1. VENEDIG UM 1480, MUSEUM FÜR KUNSTGEWERBE 12

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