Imre Jakabffy (szerk.): Ars Decorativa 5. (Budapest, 1977)
KATONA, Imre: Ein Pokal aus Lemnos in der Esterházy-Sammlung
nur rötliches Ton war. Es ist allgemein bekannt, dass diese Farbe des Tones dem in darin findbaren Eisenoxyd-Inhalt verdankt wird. Aber es ist nicht unmöglich, dass der tiefe Farbton durch Zugabe anderer Materiale, mit nachträglicher Einreibung (im rohen Zustand) gesteigert wurde. Eines ist offensichtlich, dass die rötlichbräunliche Farbe im Mittelalter und auch in der Neuzeit die Charakteristika der Terra sigillata war. Die Fraknóer. doch auch andere Inventare beweisen, dass die Terra sigillataGefässe fast ausschliesslich zur Aufbewahrung verschiedener Flüssigkeiten benutzt wurden. Der von dem im Jahre 1725 ausgegebene Inventar ,,Pokal aus Terra sigillata in Silber eingefasst, vergoldet, mit Deckel" ist dieser, worüber unser Aufsatz spricht.' 53 Dies wurde als hochwertiger Gegenstand zwischen die Schätze eingereiht. Auch ein Beweis ist für das ungewohnt grosse Mass des Pokals, dass er in einen Schrank kam mit den imposanten, 75 cm hohen, sog. Losonczi-Kanne und -Becken zusammen. Aus der Beschreibung ist es offensichtlich, dass im, anlässlich des Absterbens von Miklós Esterházy aufgenommenen Nachlassinventar vom Jahre 1645 wird dasselbe grosse Gefäss erwähnt. :v ' Aus dem Inventar stellt es sich heraus, dass es im Leben Miklós Esterházys als Trinkgefäss, d. h. als Willkommbecher benutzt wurde. Zwar nennt man die schönsten Keramik der Römerzeit erst in den neueren Zeiten „Terra sigillata", ihr ursprünglicher Name war „Vas arretinum"; die Terra sigillata des 17. Jahrhunderts dagegen sah nur in Farbe und Material der der römischen ähnlich. In der Geschichte der Medizin und Pharmakologie kennt man einen Bolus unter dieser Benennung, den man so äusserlich wie innerlich gegen vielerlei Krankheiten, während des ganzen Mittelalters, verwendet hatte, doch den wahren Ruf und Wert bekam der Bolus dadurch, dass man ihn gegen Vergiftungen für wirksam hielt. Er wurde als Umschlag, in Form von Pastillen und Tabletten verwendet, man kannte ihn auch als Lösung unter den Namen „Spiritus Terrae Sigillatae". 3 '' Für die wertvollsten und teuersten wurden die orientalischen Terra sigillata von der Insel Lemnos gehalten, doch ähnliche und billigere Bolus hat man auch in Europa auf mehreren Stellen gefördert. Der echte Bolus hatte eine schöne, rötlich-braune Farbe abhängend davon, wie viel Eisenoxyd der Ton enthielt. Die Farbe der europäischen Bolus wechselte von dem Gelben durch das Weisse ganz bis zum Dunkelbraunen. In Ungarn war der bekannteste Bolus der aus Tokaj stammende, wo schon in der Mitte des 16. Jahrhunderts „Bolus armena" ausgebeutet wurde. Siegmund Herberstein, mehrfach in Ungarn reisend, suchte im Jahre 1551 auch die Bolus-Grube von Tokaj auf. Laut einiger Angaben gewann man auch in Esztergom (Gran) den Bolus, was aber nicht zu beweisen ist, es durfte nämlich in diesem Falle eine Verwechslung der Ortsnamen leicht vorkommen, da man statt Strigoviensis (d. h. Strigauer) auch Strigoniensis (d. h. vom latinisierten Namen von Esztergom=Strigonium) lesen konnte. Die Terra sigillata von Lemnos. die „Terra lemnia" wurde mit dem Gold für gleichwertig gehalten. Unser Pokal wurde seitens der Familie Esterházy auf besondere Art behandelt, der Beweis ist dafür, dass Pál Esterházy im Jahre 1664 in seinem Testament 1 "' die wertvollsten Gegenstände seinem ältesten Sohn, Miklós hinterlässt, so auch den von uns besprochenen Gegenstand. Wenn der Bolus Irdware voller Eisenoxyd gegen Gift sicheres Mittel sei, dann ist 11