Imre Jakabffy (szerk.): Ars Decorativa 4. (Budapest, 1976)
GOMBOS, Károly: Turkmenische „Engsi"-Teppiche
Teppichen wir die schematische Zeichnung der prunkvollen Fassadenportale der grossen mittelasiatischen Moscheen und Medrese in verkleinerter Form sehen. 17 Einer naiven Anschauung nach, sei die an eine Tür ähnelnde Komposition der Engsi „nomade Sehnsucht" nach einem Wohnhaus. 18 Die Forschung wird dadurch schwieriger, dass bei anderen Völkern solche Teppicharten nicht verfertigt wurden. In der Musterung der Engsi ist die Pflanzenornamentik in Mehrheit, man muss aber bemerken, solange diese auf den turkmenischen Teppichen stark geometrisiert ist, behielten diese Musterungen auf den Türvorhängen vielmehr ihre floralen Charakter. Auf den Stücken des 18. Jh. kommen oft stilisierte Vögelpaare, Schafe, Kamele, Hunde, weiter die Abbildung der Steppenjurte vor. Bei den Turkmenen hat das Mihrabmuster keine religiöse, sondern Talisman-artige Eigenart. Dieses Motiv diente nach dem Volksglauben als Schutz der Jurte. Wenn dieses Motiv aus dem Ornamentschatz der Moscheen übernommen wurde, so ist dieses im Bewusstsein der motivanwendenden Turkmenen die Bedeutung der alten religiösen Darstellungen verlorengegangen. Auf den Rahmen der Teppiche sehen wir meistens die aus Kreuzen gestaltete Ornamentik, deren apotropäischer Charakter eindeutig ist. Auf den Ersari-Engsi ähnelt dieses Motiv einein Vierblatt. Auch eine TalismanMusterung ist die interessante Ornamentik, der sog. „Hündchentritt", damit wurden die berühmten Salor- und Saryk-Engsi der Pendeh-Oase geschmückt. (Der Hund ist der geschätzte Gehilfe der turkmenischen Hirten.) Auf den Engsi unseres Museums sehen wir in mit den Kreuzstreifen aufgeteilten vier Feldern auf Hirschgeweih oder Tulpen ähnliche zweiarmige Motivreihen. In dieser sehr verbreiteten Ornamentik sehen die Turkmenen ein junges Vogelpaar. Einst wurden Hochzeitsjurten jungen Brautpaaren aufgebaut, so ist es verständlich, dass der an die Tür aufgehängte Teppich mit dem das Glück und Familienleben symbolisierenden Vogelpaar geschmückt wurde. 19 Eine andere sehr verbreitete Ornamentik ist die mit Schaf- oder Ziegenbockhorn geschmückte, die das Pflanzendekor umringt. Das Schaf wurde für sakrales Wesen betrachtet, dazu knüpfen sich zahlreiche mythische Auffassungen. Es gaben Stämme, die sich vom Schaf ableiten liessen. Nach dem Aberglauben dieser alten Zeiten waren der Schedel und das Geweih des Schafes apotropäisch, es war üblich den Schafkopf in der Nähe der Jurte auf einem Baum aufzuhängen, oder den Grab der Ahnen damit zu schmücken. Laut ihrer Auffassung, dem der die Schafherde behütet, kann das Böse nicht schaden. 20 Die mit Raubvögeln fast bis zur Unerkennbarkeit geometrisierte und mit Pflanzenmustern durchgewebte Zeichnung, wenn auch schwer, ist dieses Muster auf dem Jomut-, besonders auf dem Tschaudor-Engsi doch auffindbar. Das Auftauchen der Raubvögel (Adler, Falke, Sperber usw.) auf den turkmenischen Teppichen finden wir für natürlich, da das Totemtierder meisten turkmenischen Stämme ein bestimmter Raubvogel war. 21 Die aus Pflanzenelementen konstruierte Ornamentik können wir schwer erklären und deren Vorbilder auffinden. Meistens kommen Lebensbaum, Blumen-, Knospen-, Triebe-, Blätter- und Rankenmotive in stilisierter Form vor. Die sind keine Resultate der gekünstelten und ausgerechneten Konstruktionen, sie verfügen über besondere Anmut und künstlerische Anziehungskraft, die aus der Pflanzenornamentik der gewohnten, rutinartigen persischen oder türkischen Teppichwerkstätten fehlen. 4. JOMUT- ODER TSCHAU DOR - TU RKME NISCHER ENGSI-TEPPICH, 19. JH. 96