Virág Árpád: A Sió és a Balaton közös története. 1055–2005 (KÖZDOK Kft., Budapest, 2005)
Ein geschichtlicher Überblick über die wechselseitige Beziehung zwischen dem Balaton und dem Fluss Sió (1055–2005)
EIN GESCHICHTLICHER ÜBERBLICK ... DEM BALATON UND DEM SIÓ (1055-2005) 539 werden konnten. So stieg der Wasserstand des Sees während der von 1914 bis 1917 dauernden Hochwasserperiode im Jahr 1916 auf 105,65 müA und im Jahr 1917 auf 105,60 müA, sank dagegen im Jahr 1922 auf 103,7 müA ab. Dieser Unterschied von 1,95 m in einem Zeitraum von nur fünf Jahren veranlasste die Hydrologen, eine Schleusenbetriebsverordnung auszuarbeiten, die sich stärker als früher an den natürlichen Wasserstandsänderungen des Sees orientierte. In der seit 1940 gültigen Verordnung wurde deshalb die Wasserstandshöhe des Sees jeweils zum 1. des Monats in bezug auf den jeweiligen Pegelstand in Siófok (Pegelnullpunkt 104,09 müA) festgelegt. So wurde der Wasserstand beispielsweise für den 1. Januar mit +70-80 cm, für den I. Mai mit +95-115 cm, für den 1. Juli mit +90-95 cm vorgegeben (demgegenüber sollte der Wasserstand am 1. Oktober und 1. November auf +45-55 cm gehalten werden, um die zerstörende Wirkung des Eises zu verringern), wodurch eine jährliche Wasserstandsschwankung von 50-70 cm erreicht wurde. Von 1940 bis 2005 wurde die Schleusenbetriebsverordnung viermal dahingehend überarbeitet, dass die zum Monatsersten vorgeschriebenen Wasserstandshöhen geändert und die Differenzen zwischen höchstem und niedrigstem Stand reduziert wurden. In der seit 2005 gültigen Verordnung wurde der höchstzulässige monatliche Wasserstand mit +110 cm festgelegt. Der optimale Wert wurde im Zeitraum September-Februar mit +95 cm und im März - August mit +100 cm, der Mindestwert mit +70 bis +85 cm vorgegeben, was einer jährlichen Wasserstandsschwankung von 25-40 cm entspricht. Wie sich diese Vorschriften in der Praxis bewähren, konnte bis Mai 2005 nicht festgestellt werden, da an der Schleuse bei Siófok infolge der seit Mai 2000 anhaltenden trockenen, warmen Witterung kein Wasser abgeleitet wurde, ln den vergangenen fünf Jahren erreichte der Wasserstand kein einziges Mal den zum Monatsersten festgelegten Höchstwert. Der Balaton ist seit fünf Jahren ein abflussloser See und man kann nur hoffen, dass der infolge der niederschlagsreicheren Witterungsverhältnisse bis zum 1. Mai 2005 auf +100 cm angestiegene Wasserstand weiter steigen wird und wieder Wasser in den Siókanal abgeleitet werden kann. Seit den nun mehr 200 Jahren, in denen die Wasserstände des Balaton schriftlich festgehalten werden, war der See noch nie über so lange Zeit abflusslos. Der bisweilen auf ungefähr +30 cm absinkende Wasserstand bot - abgesehen davon, dass er die Bademöglichkeiten stark einschränkte, - den Hydrologen Gelegenheit, zu beobachten, wie sich unter solchen Gegebenheiten die Wasserhaushaltsverhältnisse des Balaton bzw. die chemischen und biologischen Parameter des Seewassers verhalten. Die Messdaten zeigen keine wesentlichen Abweichungen der jährlichen Niederschlagsmengen vom langjährigen Jahresmittel, dafür aber ein drastisches Absinken des Zuflusswerte, begleitet von einer immer stärkeren Verdunstung. Das starke Sinken des Wasserstandes ist also den beiden letzteren Faktoren zuzuschreiben. Gleichzeitig hat sich die Qualität der chemischen und biologischen Wasserproben außergewöhnlich stark verbessert. Angesichts der seit 2000 andauernden Abflusslosigkeit des Balaton, des extrem niedrigen Wasserstands im Jahr 2003 und des Defizits des über 100 Millionen m umfassenden natürlichen Wasserreservoirs wurde die vor 100 Jahren gestellte Forderung erneut aufgegriffen, den Wassermangel des Sees durch Fremdwasserzuleitung auszugleichen. Unter den in den Jahren 1908-1910 geprüften Lösungsvarianten hielten die Fachleute seinerzeit die Überleitung von Wasser aus dem Fluss Mura für realisierbar. 1968-1970 wurden auch andere Flüsse (Drau, Raab, Donau) in Erwägung gezogen, diesmal allerdings nicht wegen des niedrigen Wasserstands, sondern wegen des prognostizierten ansteigenden Zuflussbedarfs des Balaton. Nachdem auch hydrologische Argumente ins Spiel gebracht wurden, setzte sich in den Jahren 1972-1975 die Meinung durch, man dürfe in den Balaton aus Fremdgewässern kein Wasser einleiten, das nicht Karstwasser sei. Zwischen 1976—1989 vertraten die Wasserverwaltungsbehörden schließlich den Standpunkt, dass auf längere Sicht keine Wasserergänzungen erforderlich seien. Zu dieser Feststellung kam auch 2004 die mit der Untersuchung dieses Problems betraute Kommission der Akademie der Wissenschaften, indem sie den Wassermangel des Sees als ein vorübergehendes Phänomen, die Fremdwasserzuleitung aber als einen