Buza Péter - Gadányi György: Kopf Hoch! - Unser Budapest (Budapest, 1998)
V, Alkotmány utca 16 Das Gebäude wurde zur gleichen Zeit gebaut wie die meisten Paläste in der heutigen Alkotmány utca: höchstens ein Jahrzehnt vor der Jahrhundertwende. Dieses Viertel der Leopoldstadt (Lipótváros) nahm nach dem Abriß der berüchtigten Kaserne „Neugebäude“ einen ungeheuren Aufschwung, doch bevor es zu der symbolträchtigen Aktion des Abbruches kam, war das ganze Gebiet im Umkreis schon bebaut worden. Die „Boulevardisierung“ der Váci körút - heute (zum Teil) Bajcsy Zsilinszky út - sowie die Neuregulierung der hier einmündenden Straßen ging schon in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts mit großem Elan vonstatten. Boulevardisierung bedeutete im damaligen Sinne des Wortes eine groß angelegte strukturelle Umgestaltung: Breite Alleen, einen einheitlichen Stil widerspiegelnde Gebäude in anspruchsvoller Ausführung mit verführerischen Geschäften hinter riesigen Glastüren im Erdgeschoß sowie mit Restaurants und Kaffeehäusern. Es wurden nur knapp zwei Jahrzehnte benötigt, um die großzügigen Pläne des Rates für Öffentliche Arbeit von der ebenfalls damals entstehenden Andrássy út bis zu dem neuen Westbahnhof (Nyugati pályaudvar) zu realisieren. Im Rahmen dieses Programms entstand auch die Alkotmány utca selbst, so, wie wir sie heute kennen, als einer der repräsentativsten Teile der Hauptstadt. Dieser Zeitraum brachte auch die Erneuerung der ungarischen und hauptstädtischen Presse, sozusagen mit amerikanischer Geschwindigkeit und Aktivität. Tag für Tag gab es Auflagenhöhen von mehreren Hunderttausend sowie ein reges Interesse für die Nachrichten. Redakteure und Journalisten waren - vielleicht zum ersten Mal in der Geschichte der ungarischen Presse - eine große Macht, ünd sie waren nun auch in der Lage, selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. So gründeten und unterhielten sie zum Beispiel prosperierende soziale und Wohltätigkeitsvereine. Das Renteninstitut der Ungarischen Journalisten ließ 1889 die Pläne für seinen Mietspalast von Zsigmond Quittner anfertigen, der die architektonischen Akzente des Eckhauses in jeder Hinsicht der offensichtlich erwarteten Repräsentation unterordnete: ein Turm und eine riesige Kuppel krönen als ein Ausrufungszeichen den trapezförmigen Block des Palastes. 22