Prakfalvi Endre: Sozialistischer Realismus. Architektur in Budapest 1945-1959 - Unser Budapest (Budapest, 1999)

Szabadság tér 5-6, László Lauber, István Nyíri), das Indu­strie-Kontingentierungsamt (II., Fő utca 66-68, István Ja- náky, Jenő Szendrői) oder zum Beispiel das Werk von Ele­mér Csánk (Rottmann), das Krankenhaus im XII. Bezirk, in der Kútvölgyi út 4. Die Ideologie des sozialistischen Realismus trat gegen die neue (die moderne) Architektur auf. Diese Architektur, deren wichtiges Merkmal der Funktionalismus war, wurde als formalistisch und kosmopolitisch, als Mittel des „impe­rialistischen Einflusses“ bezeichnet. Nach der „weisen Rich- tungsgebung“ des Genossen Stalin, des Generalissimus, wurde der Grundsatz des sozialistischen Realismus fol­gendermaßen formuliert: im Inhalt sozialistisch - was das Stalinsche Prinzip der Menschenfürsorge und die Verkün­digung des Sieges der Arbeiterklasse bedeutete -, in sei­ner Form jedoch national, natürlich in dialektischer Ein­heit. Der Sachverhalt des Inhalts war nicht fraglich, über den Aspekt der Formen wird man lange diskutieren, doch versteht man darunter am ehesten die Verwendung des neoklassischen-klassizistischen Formengutes. Hier müssen wir zu den erwähnten Ruinen am Pester Donauufer zurückkehren. Die grundsätzlichen Festlegun­gen der wissenschaftlichen üntersuchung des Klassizis­mus werden dann an der Wende der 40er-50er Jahre ak­tualisiert und ausgenutzt. 1943 schreibt Anna Zádor, daß zwar dieser Klassizismus ein weniger subjektiver Stil ist (wie z. B. der Jugendstil), weil seine allgemein menschliche, übernationale und ewige Perspektive ihm als Ideal vor­schwebte, gleichzeitig jedoch in seinem ideellen Gehalt „der ungarische Geist gleichsam zu sich selbst fand“, ln dieser Hinsicht ist das Gebäude des Nationalmuseums beispielhaft (Mihály Pollack, 1836-1842), wo die Archi­tektur und die Institution eine organische Einheit bilden. Der Bau drückt seinen eigenen Status aus - und das wird dann später bei der Beurteilung von öffentlichen Gebäu­den im Stil des sozialistischen Realismus zu einem erst­rangigen Kriterium. Das noch im Oktober 1944 formulierte Memorandum, welches jedoch nur ein Jahr später erscheinen konnte - Die Aufgaben der Architektur in Ungarn nach dem Krieg -wurde von József Fischer, Pál Granasztói, Jenő Kismarty- Lechner, Máté Major und János Weltzl unterschrieben. Dieselben erklärten auch in der Zeitschrift Tér és Forma (Raum und Form), daß der „richtig geschaffene architek­tonische Rahmen die menschlichen und gesellschaftli­chen Werte steigert“. Sie formulierten im Interesse des Aufbaus einer „besseren Zukunft“ die Aufgaben, die sich 6

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