Ferkai András: Geschäftsfassaden - Unser Budapest (Budapest, 1996)

In den Zwanzigern und zu Beginn der dreißiger Jahre war Ferenc Kende der ständige Architekt der Stühmer AG, er hat das einheitliche Bild des Geschäftsnetzes geprägt, mit dem charakteristischen barockartigen Art-deco-Stil der Filialengeschäfte. Aus dieser frühen Epoche finden wir in Budapest eine ihrer Verzierungen beraubte Holzfront (Baj- csy-Zsilinszky út 13., VI. Bezirk, aus dem Jahre 1927) und eine Intarsien-Geschäftseinrichtung (Bartók Béla út 1., XI. Bezirk, 1934). Die wohl schönste - schon moderne - Ge­schäftsfassade Kendes (Kecskeméti utca 1., V Bezirk, 1934) wurde das Opfer der puristischen Denkmalschutz­prinzipien vom Ende der achtziger Jahre. Kende hatte das ganze Erdgeschoß des romantischen Wohnhauses mit ei­ner einheitlichen, modernen Geschäftsfassade versehen, deren letztes Element der Süßwarenladen an der Ecke war. Der Stromlinien-Stil wurde durch schwungvolle, gebogene Formen charakterisiert, es gab zwischen verchromten Spros­sen eine Opalglasverkleidung, schwarzes Glas am Sockel und neben dem Eingang, ein beleuchtbares Glasfirmen­schild sowie zwischen den Sprossen schön plazierte Me­tallbuchstaben. Während der Renovierung des Hauses wur­de die Schaufensterfassade abgetragen und durch ge­schmacklose, trockene, zwar zum Stil des Gebäudes pas­sende Türöffnungen ersetzt. Ais Entschädigung wurde der Süßwarenladen mit dem Mobiliar aus dem ersten Stüh- mer-Geschäft von 1883 eingerichtet, das sich bisher im Museum für Handel und Gastronomie befunden hatte. Unter den konkurrierenden Süßwarenhandlungen hat nur die Geschäftsfront des „Szent István Bonbon“ die letz­ten fünfzig Jahre überlebt. Das Geschäft gehörte den Szent-István-Werken für Nährmittel, die mit der Kőbányaer Bürgerlichen Bierbrauerei eine Aktiengesellschaft gegrün­det hatten. Die Firma erzeugte Nährmittel, Ersatzkaffee, Malzerzeugnisse, Bonbons und Schokolade und beschäf­tigte sich mit Großvertrieb. Sie bauten kein eigenes Laden­netz auf und besaßen ein einziges Modellgeschäft am Bla- ha Lujza tér. 1936 eröffneten sie ein anderes, elegantes kleines Geschäft, welches Pál Vidor entworfen und József Martini ausgestattet hatte (Andrássy út 31., VI. Bezirk). Der Vater des Entwerfers, Emil Vidor, vielbeschäftigter Archi­tekt der Jahrhundertwende, war gleichzeitig auch Direk­tionsmitglied der Gesellschaft; so war es nur natürlich, daß Vater oder Sohn mit dem Bau der Bierbrauerei oder Nähr­mittelfabrik beauftragt wurden. Ein schmaler weßer Mar­morrahmen trennte die Geschäftsfront von dem Rest der Fassade des Mietspalastes in der Andrássy út, ihre mas­26

Next

/
Thumbnails
Contents