Prohászka László: Reiterstandbilder - Unser Budapest (Budapest, 1997)
mit einzigartiger Energie Daten und Beschreibungen über die ungarische Kulturgeschichte des 11. Jahrhunderts. Bis ins kleinste Detail war er um historische Treue bemüht, er studierte sogar die Geschichte der Steigbügel. Die ungeheuer vielen Verzierungen und Ornamente sind für das Denkmal nicht von Vorteil, es wirkt überladen. Das gilt besonders für die Gestalt des Pferdes. Strobl modellierte ein prächtiges Roß, das auch die ungeteilte Anerkennung der Jury fand. Doch der Künstler konnte der Versuchung nicht widerstehen: er wollte möglichst viele zeitgenössische Gebrauchsgegenstände und Schmuckelemente darstellen. Die riesige Satteldecke sowie die vielen Fransen bedecken den Großteil des Pferdekörpers, so kommt die Schönheit der Modellierung kaum zur Geltung. Auch die Gestalt des Königs ist zu stark verziert. Stróbl mußte auf Wunsch der Jury noch die Bewegung des ausgestreckten Armes von Stephan verändern, die Geste sollte ruhiger wirken. So konnte zwar die gesetzte Würde erreicht werden, doch gerade deshalb verrußten viele in dem Werk einen gewissen Schwung. König Stephan sitzt auf seinem prächtig aufgezäumten Pferd, auf dem Kopf trägt er die Heilige Krone, über den Schultern seinen riesigen Krönungsmantel, in der Hand hält er das apostolische Doppelkreuz. Unter dem Krönungsmantel schaut der Griff des berühmten Stephan- Schwertes heraus, es befindet sich heute in Prag. Der Glorienschein um seinen Kopf weist darauf hin, daß König Stephan 1083 heiliggesprochen worden war. Da von dem Herrscher keine authentische Darstellung überliefert ist, formte der Künstler die Gesichtszüge nach den um die Jahrhundertwende entstandenen ikonographischen Traditionen. Stróbl wollte ursprünglich ein Reiterstandbild mit einem niedrigen Sockel, das eine intime Stimmung ausstrahlen sollte, doch mußte er den offiziellen Erwartungen mit einem monumentalen Denkmal entsprechen. Demzufolge ist der architektonische Teil des Denkmals außerordentlich prächtig, fast wie ein Altar. Er paßt sich harmonisch der hinter ihm befindlichen Fischerbastei an, stammen doch seine Entwürfe von Frigyes Schulek, der auch der verantwortliche Architekt der Fischerbastei war und den Neuaufbau der Liebfrauenkirche (heute Matthiaskirche) leitete. Der von einer durchbrochenen Brüstung in neoromanischem Stil umgebene Unterbau zeigt vier Reliefs mit bedeutenden Szenen aus der Herrschaftszeit des Königs Stephan. Auf der Stirnseite wird die Gesetzgebung, auf der rechten Seite die Krönung Stephans, links die Huldigung Wiens und auf der Rückseite die Gründung der Kirche von Székesfehérvár 20