Gerle János: Paläste de Geldes - Unser Budapest (Budapest, 1994)

Zentrale auf die Tagesordnung. Dem Rang des Gebäu­des und der dualistischen Auffassung entsprechend, wurden je acht österreichische und ungarische Archi­tekten aufgefordert, an dem Entwurfswettbewerb teilzu­nehmen. Die ominöse Namensliste macht fast zwei Fußballmannschaften von Architekten aus: von öster­reichischer Seite Ludwig Baumann, Fellner und Hel­mer, Karl König, Franz von Krauss, Ludwig Richter, Friedrich Schachner, Otto Wagner; von ungarischer Seite Ignác Alpár, Lipöt Baumhorn, József Hubert, Korb und Giergl, Albert Kőrössy, Ödön Lechner, Artur Meinig sowie Ernő Schannen. Die Jury beendete das „Match“ eindeutig mit einem ungarischen Sieg: den ersten Preis erhielt Ignác Alpár, den zweiten Fellner und Helmer (ihre Budapester Arbei­ten waren das einstige Volkstheater, welches später als Nationaltheater abgetragen wurde; das Somossy Or­pheum, heute Operettentheater, und das Lustspielthea­ter), den dritten Preis erhielt der Ödön Lechner nahste­hende Albert Kőrössy, den vierten Karl König. Das Resultat feierte die damalige ungarische Presse als un­garischen Triumph. laicht nur deshalb ist es ein perfekter Sieg, weil ein ungarischer Architekt den ersten Preis und den Auftrag für den Bau erhalten hat, sondern weil die Arbeit jedes ungarischen Architekten originell und beachtenswert ist und diejenigen der österreichi­schen Teilnehmer weit übertrifft. (Magyar Hírlap) Clnter den Teilnehmern waren die bedeutendsten Archi- tekten-Persönlichkeiten Otto Wagner und Ödön Lech­ner. Ihre Wettbewerbs-Entwürfe sind, wie auch die übri­gen, abhanden gekommen, so erfahren wir darüber nur aus zeitgenössischen Berichten. Es ist trotzdem interes­sant, die beiden Pläne zu vergleichen. Die Zeitung Bu­dapesti Hírlap schreibt folgendes: Der Plan des berühmten Sezessionisten Otto Wag­ner ist ganz phantastisch. Fast wie ein riesiger Taubenschlag, mit seinen länglichen, schmalen, dicht aneinander gereihten schmucklosen Fen­stern. Wenn dies der moderne Architekturstil ist, müssen wir noch manche Entwicklung durchma­chen, bis wir darin Schönheit finden. Kurz nach diesem Plan entwarf Wagner in einer ähnli­chen Auffassung die Wiener Postsparkasse, welche eine der bedeutendsten bekannten Vorläufer des modernen Architekturstils war. 31

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