Gerle János: Paläste de Geldes - Unser Budapest (Budapest, 1994)
Detail über dem Eingang der renovierten Fassade tionen mutig und mit einer für seine architektonische Auffassung charakteristischen Ehrlichkeit kombiniert, so daß sowohl die Schutzfunktionen als auch die ästhetischen Anforderungen gleichzeitig erfüllt wurden. Das aus sechseckigen, hohlen Glasziegeln gewölbte ein- schalige Dach ließ das äußere Licht direkt durch die schillernden Glasschuppen hindurch. Die zweite Lösung, welche Lechner zu einem der Wegbereiter der modernen Architektur erhebt, ist die Schlichtheit der Fassade und ihre Behandlung als Flächenkomposition. Nach der Ablehnung der historischen Stilformen wurde dieses zu einer der Hauptfragen, die die Architektur beschäftigten. Die „Leere“, welche an der Stelle der traditionellen Verzierungselemente entstand, mußte durch ein neues, künstlerisches und botschaftsvermittelndes Medium gefüllt werden. (An die Stelle der Leere kam nach einem Jahrzehnt die Dekoration als Selbstzweck, außerdem kam auch die Anschauung von der Tugend der Leere auf.) Das berühmte Wiener „Majolika-Haus“ von Otto Wagner, welches zur selben Zeit wie die Budapester Postsparkasse erbaut wurde, ist von einem riesigen Blumenteppich aus Keramikplatten bedeckt, die Fenster wirken dabei wie herausgeschnittene Löcher. Diese nächste und wichtigste Parallele kann zur Veranschaulichung von Lechners abweichender Denkweise dienen. Für ihn war das Auffüllen der Leere nicht eine ästhetische Frage, sondern auch eine nicht unterschätzbare Möglichkeit des Ausdrucks. Bei seinen drei Hauptwerken sowie einigen weiteren, 23