Gerle János: Paläste de Geldes - Unser Budapest (Budapest, 1994)

Stock, welche zum Nationalmuseum blickte. (Das im Zweiten Weltkrieg beschädigte Gebäude wurde später abgetragen.) Die dem Ausgleich folgenden Krönungsfestlichkei­ten veranstaltete die Stadt Pest mit einem von der Kommerzial-Bank aufgenommenen Kredit auf dem von da an den Namen Franz Josephs tragenden Platz (Roosevelt tér), wo das damalige Büro der Bank, Jahr­zehnte später dann ihre Zentrale stand. Das Bankennetz begann sich plötzlich zu entwickeln, 1869 gab es lan­desweit dreizehn Banken, sechs Sparkassen, zwei Bo­denkreditanstalten. Im selben Jahr machten sich gleichzeitig mit der charakteristischer Weise die Souve­ränität begleitenden Verschuldung auch Krisenzeichen bemerkbar. 1872 war der ungarische Staat zum ersten Mal gezwungen, ein Darlehen aufzunehmen, welches der Rückzahlung früherer Kredite diente. Zwei Jahre später drohte schon der Staatsbankrott, dies konnte nur durch die vom Rothschild Konsortium unterstützte Herausgabe von Tresorscheinen vermieden werden. So gelangte die 1867 gegründete Ungarische Allgemeine Kreditbank mit Rothschild-Interesse als erster Kreditge­ber in Staatsbanken-Position. Die erstarkende Wirtschaft, das Einführen neuer Steuern, der sparsame Staatshaushalt und die Finanz­politik von Sándor Wekerle unter den Ministerpräsiden­ten, Kálmán Széli und später Kálmán Tisza führten zu einem stufenweisen Aufschwung. 1878 entstand die auf dualistischer Basis umorganisierte Österreichisch- üngarische Bank, eine den gemeinsamen Geldangele­genheiten der Monarchie dienende Notenbank, ln den achtziger Jahren begannen riesige Investitionen, vor allem mit ünterstützung der Kommerzial-Bank und der Kreditbank. Die Kommerzial-Bank führte als erste den Vorgänger des heutigen Sparbuchs ein. 1882 über­nahm der bis heute legendärste ungarische Bankier Leó Lánczy die Führung. Als Leitlinie der Bank betrach­tete er die Entwicklung der Infrastruktur des Landes (Budapester Telefonnetz, Lokalbahnen, Adria Seeschif­fahrt AG, Budapester Straßenbahnnetz usw.). Der 1880er Band des Budapester Schematismus zählt schon 36 Geldinstitute auf, neben einigen jedoch die Bemerkung: in Liquidation. Stabile, lang existieren­de Bankhäuser gab es etwa zehn, die Zahl der kleinen Banken stieg aber rapide an: 1911 stehen schon 136 auf der Namensliste. 1914 sind es 175, 1928 - überra­schenderweise - 194, im Jahre nach der großen Krise dann 157. 18

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