Kiss Katalin: Industrielle Baudenkmäler - Unser Budapest (Budapest, 1993)

ganzen Landes konzentrierte. Clnsere Urgroßväter konnten die Stadt in einigen Stunden umwandern, uns würde wohl eine Woche kaum ausreichen. Was sie von der Welt wußten, hatten sie mit eigenen Augen gese­hen, erlebt und auch verstanden. Aus einem im Raum und Zeit den menschlichen Maßen entsprechenden Städtchen ist heute eine verwickelte, komplizierte, den Menschen oft furchteinflößende und unverständliche Großstadt geworden. Die Andenken ihrer kämpferischen Jugend kerbten die Falten in das alte Antlitz unserer Stadt. Dazu gehö­ren auch die Baudenkmäler, welche aus der Zeit des industriellen Aufschwungs noch erhalten sind. Suchen wir nun mit Hilfe dieses Büchleins die schönsten der alten industriellen Gebäude Budapests auf. Burggarten-Kiosk /., Ybl Miklós tér 9. Der Burggarten-Kiosk wurde zwischen 1875 und 1882 nach Plänen von Miklós Ybl erbaut. Ybl war der bedeu­tendste ungarische Architekt der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, zahlreiche Gebäude unserer Hauptstadt sind mit seinem Namen verknüpft: die einstige Budaer Sparkasse, das Räcbad, mehrere herrschaftliche Palä­ste, die noch erhaltenen sowie die abgetragenen Ge­bäude auf der Margitsziget (Margareteninsel), das Zoll­haus am Dunauufer, die Basilika, die Gebäude unter­halb des Burggartens, das Opernhaus und noch zahl­reiche andere private und öffentliche Gebäude. Der Burggarten-Kiosk wurde als Abschluß der Gär­ten um den Budaer Königlichen Palast erbaut und zwar zur gleichen Zeit wie der Burggarten-Basar. Das freiste­hende Gebäude barg das Wasserpumpenhaus, wel­ches den Königlichen Palast mit Wasser versah. Das Wasser wurde aus der Donau gewonnen, gereinigt und mit Hilfe zweier Pumpen hinauf in den Palast gepumpt. Im oberen Stockwerk des Kiosks befand sich die Dienst­wohnung des Angestellten. Im verzierten Turm war der Schornstein des Kesselraumes versteckt. Auf der Nord­seite wurde die kleine Pumpenlage durch den elegan­ten Kiosk mit Loggiaeingang ergänzt. Das eklektische Gebäude ist eine dekorative Verschmelzung von Renais­sance- und Barockelementen. Die feinen Bildhauerar­beiten stammen von György und Armin Schröffl, die grotesken Wandmalereien in Sgraffito-Technik von Ro­bert Scholz. 6

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