Ferkai András: Moderne Gebäude - Unser Budapest (Budapest, 2009)

einem richtigen Großunternehmen mit eigenem Geschäftsnetz. Für den Entwurf der Geschäftsfassaden, Einrichtungen und Plakate engagierte er hervorragende Architekten und Kunstgewerbler, ja sogar für die Verpackung der Schokoladen, Bonbons und Zuckerl und schuf somit ein frühes Beispiel des Image-Entwurfs. (Schade, dass die neubelebte Stühmer-Schokolade dieser Tradition nicht folgt.) Er besaß nicht nur in der Hauptstadt und in den Provinzstädten Gechäfte, sondern auch in Wien, Berlin und Paris. 1928 baute die Aktiengesellschaft ein neues Fabriks­gebäude und einen Sitz nach Plänen von Ferenc Kende (VIII. Szentkirályi utca 8). Ende der dreissiger Jahre wurde dies Gebäude ebenfalls zu eng und auf dem dicht bebauten Gebiet konnten keine Vergrößerungen mehr vorgenommen werden. Damals kauften sie dann von der Hauptstadt den Grundstückkomplex neben dem Schlachthof, wo 1941 eine ganz moderne Fabriksanlage errichtet wurde. Mit dem Entwurf wurden die jungen Olgyay-Zwillinge beauftragt. Aladár (1910—64) und Viktor (1910—70) Olgyay, die sich damals noch nicht mit zu vielen verwirklichten Gebäu­den brüsten konnten (Sommerhaus an der Budakeszi út, Familienhaus am Gellért- berg, Ausstellungspavillon am Budapester Internationalen Messegelände, einige Mietshäuser im Bau), waren trotzdem in breiten Kreisen bekannt. Ihre Bekanntheit verdankten sie zum Teil ihrer Familie (der Vater, Viktor Olgyay war ein namhafter Graphiker und Maler der Jahrhundertwende), ausserdem führten sie ein reges Gesellschaftsleben und verfügten über ausgedehnte Beziehuhgen. Sie waren gebil­dete, weitgereiste (und gutaussehende) junge Männer, glichen sich wie aufs Haar. Ihre Studienreisen führten sie nach Rom, Paris, London und New York, an zahlrei­chen Preisausschreibungen nahmen sie mit Erfolg teil und ihre Entwürfe wurden auch von der Presse beachtet. Beim Etwurf der Schokoladenfabrik betrachteten sie die perfekteste Bedienung der technologischen Prozesse und die Schaffung idealer Arbeitsbedingungen als ihre primäre Aufgabe. Auf der schönsten Seite der Gebäudebeschreibung in der Zeitschrift Tér é& Forma (Raum und Form) konnte man auf den Grundriss und die schematische Perspektive des Betriebs eine Zellophanseite blättern, auf welcher mit blauer Farbe die Maschinen, bzw. die Reihenfolge der Arbeitsprozesse ge­druckt waren. Die Hälfte der Publikation hingegen handelte davon, wie man die idealste Beleuchtung der Arbeitssäle gefunden hatte, und wie der sowieso schon warme Betrieb vor der zu großen Wärmebelastung durch das Sonnenlicht ge­schützt wurde. Die Licht- und Wärmeberechnungen, die durch Hinzuziehen von Technikern ausgeführten Versuche, wurden detailliert beschrieben. Diese Methode bedeutete eine Weiterentwicklung der funktionalistischen Planung, was sich dann 72

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