Ferkai András: Moderne Gebäude - Unser Budapest (Budapest, 2009)

hohe Positionen inne hatten. Sie gewannen die Preisausschreiben oder erhielten die staatlichen und kirchlichen Aufträge. Dieses änderte sich infolge der Weltwirt­schaftskrise und des verbitterten Konkurrenzkampfes der Architekten. Bis Mitte der dreissiger Jahre gelang es ihnen durchzusetzen, dass jeder öffentliche Auftrag durch Ausschreiben erteilt werde, an welchen auch die jüngere, moderner einge­stellte Generation erfolgreich teilnehmen konnte. Ein anderer Grund war, dass von einem öffentlichen Gebäude jedermann - die Bauherrn sowie auch das breite Publikum - eine Art Repräsentation erwarteten. Das öffentliche Gebäude sollte sich nicht nur durch seine Maße, sondern auch durch den Ernst und die Monumentalität seiner Gestaltung unter den Wohnhäusern her­vorheben. Der moderne Architekt lehnte Monumentalität jedoch aus Prinzip ab. Er machte keinen Unterschied zwischen Museum oder Fabrik: jede Aufgabe löste er so funktionell, so ökonomisch wie möglich. Die Ablehnung der Repräsentation hatte ihre Wurzeln in der Antipathie gegenüber den öffentlichen „Sahnetorte"-Gebäu- den des 19. Jahrhunderts. Es gab natürlich auch Ausnahmen. Beim Planungsaus­schreiben für die Erweiterung des Zentralen Budapester Rathauses (1940) z. B. gab es kaum einen Architekten, der die symbolischen Inhalte bezüglich des Rathauses hätte umgehen können. Auf fast jedem Entwurf gab es einen Turm, Kollonaden oder einen Prunkhof. Und im Nachhinein können wir sogar objektiv feststellen, dass jene Entwürfe, welche die (schliesslich nicht verwirklichte) Erweiterung des Rathauses bloß als modernes Bürohaus auffassten, keine guten Pläne waren. Das bedeutet natürlich nicht, dass die Aufgabe nicht gleichzeitig gut und auf modere Art gelöst werden kann. Das holländische Hilversum oder das dänische Arhus Rathaus beweisen, dass moderne Denkweise und eine von diesem Gabäudetyp mit Recht erwartete Monumentalität miteinander vesöhnt werden können. Ein lehrreiches Beispiel des Zusammenpralls von Gewohnheit und Erwartung ist die erste moderne Kirche Budapests, die schon 1933 geweiht wurde, jedoch erst 1938 ihre endgültige Form erhielt. Die Városmajorer Pfarrkirche (Herz Jesu Kirche, XII. Csaba utca 5) wurde von Aladár Árkay (1868-1932) und seinem Sohn Bertalan Árkay (1901—71) entworfen. Die bekanntesten Werke Aladár Árkays aus seiner Sezessions-Epoche sind die reformierte Kirche in der Stadtwäldchen Allee sowie die Wohnsiedlung der Richter und Anwälte am Kleinen Schwabenberg. Von seinem Sohn sprachen wir schon früher, hier möchten wir nur hinzufügen, dass nicht die Väromajorer Kirche ihr erstes gemeinsames Werk war, sondern diejenige in Győr- Fabriksstadt (1929): ein komischer Übergang zwischen der romantischen Sezessions- Anschauung des Vaters und der moderneren, konstruktiveren des Sohns. 55

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