Ferkai András: Moderne Gebäude - Unser Budapest (Budapest, 2009)
barten Wohnräumlichkeiten konnten durch vier Schiebewände zu einem Raum verbunden werden. Die Hälfte der gemeinsamen Wände der beiden Schlafzimmer, der Speisehalle und des Wohnzimmers konnten am Tag weggeschoben werden: durch das Ineinanderöffnen der vier Räume konnten theoretisch zwölf Variationen (eigentlich acht benutzbare) geschaffen werden. Bewegbare Wände haben in den zwanziger Jahren viele Architekten (Adolf Loos, Adolf Rading, Le Corbusier, Meln- jikow u. a.) angewendet, doch das Ineinanderöffnen sämtlicher Zimmer eines Stockwerks zu einem Wohnraum finden wir nur im Schröder-Haus von T. G. Rietveld (Utrecht, 1924). Molnár kannte die Arbeiten des holländischen De Stijl sehr gut, da er 1922 die Vorträge Theo van Doesburgs in Weimar besucht hatte und sicher auch den in der internationalen Fachpresse breit besprochenen Plan des Schröder-Hauses kannte. Was er 1928 über das rationale Bauen schrieb, hätte wahrlich über dieses Gebäude sein können: „Der kürzeste Weg verlangt prinzipiell, dass wir die Räumlichkeiten selbst bewegbar machen, ihre Benutzung verwandelbar. das grosse Wohnzimmer durch verschiebbare Trennwände in Schlafi- nischen einteilbar." Die flexible Raumkombination hat Molnár sein ganzes Leben hindurch beschäftigt. In seiner eigenen zweistufigen Wohnung (11. Lotz Károly utca 4/B) schließt eine schwarze Schiebewand alternativ zwei Nischen ans Wohnzimmer: eine ist das Esszimmer, die andere das Arbeitszimmer. In der Bajai-Villa (11. Trombitás utca 32) konnten der Wohnraum und die in den Stock führende Stiege durch das Drehen einer Scheibe mit einem Durchmesser von 3 m ineinander geöffnet werden. Im Barcsay-Doppelhaus (XII. Vércse utca 4/A-B) gab es zwischen Wohnzimmer und Nischen eine vertikal bewegbare Schiebewand. Auch von diesem Haus gibt es ein Foto mit seinem Planer: Der Architekt ist auf der Aufnahme von Zoltán Seidner in einem Liegestuhl auf der Dachterrasse zu sehen, seine kleine Tochter auf den Knien. Auch bei den Familienhäusern von Molnár und Fischer kann man beobachten, dass die kalte, rechtwinklige Welt vom Beginn der dreissiger Jahre bald von weicheren, gebogeneren Formen oder komplexeren Kompositionen abgelöst wird. Statt eckigen Pfeilern werden runde Säulen verwendet, neben dem Scheit erscheinen zylindrische Formen. Die Masse der späten Gebäude Fischers ist oft abgekantet (XII. Rege utca 10), die Ecken gerundet (II. Baba utca 14), oder sie bestehen nur aus konvexen und konkaven Formen (XII. Rege utca 15). Auch Molnár verwendet Abrundung (XII. Vércse utca 4/A-B), trapezförmige Hausformen (XII. Mese utca 8), ja sogar elliptische Massen (Kallivoda-Haus, Pécs, Heiliges-Land-Kirche, II. Heinrich István utca 3-5). Die Auflösung der Formen entspricht jenem Prozess, bei dem 17