Matits Ferenc: Protestantische Kirchen - Unser Budapest (Budapest, 2003)
Die Kirche der deutschsprachigen Reformierten in der Mond Gasse (Hold utca) V. Bezirk, Alkotmány utca 15 1790 benannte man die sich an der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert nördlich der Stadtmauern von Pest entwickeldne Vorstadt nach Kaiser Leopold II. Leopoldstadt (Lipótváros). In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts erweiterte sich die Hauptstadt immer mehr nach Norden hin. Beschleunigt wurde die Entwicklung des Stadtteils auch durch den Bau der zweiten Brücke der Hauptstadt, der Margaretenbrücke (1872—76, nach Plänen der Franzosen Ernest Gouin und Co.). Wenn auch die Physiogniomie der Leopoldstadt von den um die Jahrhundertwende 1900 errichteten Palais der Regierung und Finanzwelt beherrscht wird, so stehen hier doch noch einige bedeutende Gebäude aus der Epoche davor, wie z.B. das zwischen 1862 und 1864 gebaute Palais der Ungarischen Akademie der Wissenschaften, die von 1851 an durch mehrere Jahrzehnte gebaute Sankt-Stephans-Basilika, das 1884 begonnene und durch zwei Jahrzehnte gebaute Parlament im neogotischen Stil sowie die 1878 geweihte Kirche der deutschsprachigen Reformierten in der Hold utca. In der ersten Pester reformierten Kirche am Kálvin tér wurden seit 1830 neben den ungarischen Gottesdiensten auch solche in deutscher Sprache abgehalten. Der zunehmende Stand der Kirchengemeinde machte jedoch den Bau einer separaten Kirche für die deutschsprachigen Gemeindemitglieder nötig. 1859 erhielt die reformierte Kirche diesbezüglich ein Gesuch, welches vom Kirchenrat unterstützt wurde. Unter den Unterzeichnern des Gesuchs finden wir die Familienmitglieder der Fabrikanten- und Brauerdynastien Ganz, Biberauer (Bodoky), Hagemacher und Dreher. Die folgenden Jahre vergingen mit Spendensammeln. Außer der Unterstützung des ungarischen Staates und den einheimischen Privatspenden kamen auch Spenden aus dem Ausland (aus der Schweiz, aus Deutschland, England und Schweden). 1869 schenkte die Hauptstadt der deutschsprachigen reformierten Gemeinde ein Grundstück von 650 Quadratklaftern, damit darauf eine Kirche, ein Pfarrhaus und eine Schule errichtet werden konnten. Die Grundsteinlegung erfolgte 1870. Mit dem Entwurf der Kirche wurde der aus der Schweiz stammende Rudolf Ludwig Ray (1845—99) beauftragt. Ray, der nach seinen Studien in Zürich und Paris nach Ungarn gekommen war und hier 1868 ein Architekturbüro eröffnet hatte, baute die neue Kirche im neogotischen Stil. Zu dem Portal an der nach Osten gerichteten Hauptfassade gelangen wir über einige Stufen. Über dem von Säulen getragenen Bauwerk am Haupttor, welches sich aus der Mauerfläche hervorhebt, öffnen sich drei gezogene und zwei kleinformatige Fenster — zwischen 40