N. Kósa Judit - Szablyár Péter: Das unterirdische Pest - Unser Budapest (Budapest, 2002)
Die unterirdischen Bäche Pests — der Hauptsammelkanal am Grossen Ring (Nagykörút) Eine der Pester Achsen der akzelerierten Urbanisierung in der Zeit nach dem Ausgleich bildete der Große Ring, dessen Bau die Stadtleitung anhand des Gesetzes Nr. XLI1 des Jahres 1871 bestimmte. Mit seiner Länge über 4 Kilometern, seinen 253 neuen Gebäuden, die innerhalb von 30 Jahren erbaut wurden, ist der Große Ring eine der größten städtebaulichen Kreationen Ungarns zur Zeit der Jahrhundertwende. Seinen Verlauf bestimmte der einstige Nebenarm der Donau, der im Mittel- alter unter dem Namen „Fossatum Magnum" (Große Rinne) bekannt war und der bis zum 19. Jahrhundert praktisch verschwunden war. Dieses gab Ferenc Reitter, dem ersten Oberingenieur des Hauptstädtischen Kommunalrates, den Einfall, an dessen Stelle einen schiffbaren, von Promenaden umgebenen Kanal zu bauen. Seine hochfliegenden Pläne wurden jedoch verworfen. Eine baldigste Verwirklichung der Kanalisation war nicht nur der ästhetisch beanstandbaren offnen Gräben und Sickergruben wegen begründet, sondern auch der unmöglichen sanitären Zustände wegen. Der Universitätsprofessor und Arzt Dr. József Fodor untersuchte die Sterblichkeitsstatistiken der Jahre 1869-1877 und stellte fest, daß die Choleratodesfälle bei denjenigen, die das Wasser aus gegrabenen Brunnen tranken, doppelt so hoch war wie bei denen, die Leitungswasser verbrauchten. Die ersten Pester Wasserwerke wurden 1868 auf dem Grundstück des Schiffereibüros in der Leopoldstadt (Lipótváros), wo heute das Parlament steht, in Betrieb genommen. Auch dieses wirkte sich verbindlich auf einen schnellen Ausbau der Kanalisation aus. Ein Angebot zum Bau der Hauptsammelkanäle machte als erster 1869 der englische Unternhmer Sir Morton Peto, die Pläne fertigte der Oberingenieur der Stadt London, W. J. Bazalgette an. Er schlug drei Hauptsammelkanäle vor; obwohl man seine Vorschläge nicht annahm, spiegelten die späteren Pläne doch seine Grundgedanken. So fertigte Ferenc Reitter 1873 auch die Pläne für die Budapester Kanalisation an. Folgendes schrieb der bedeutende Ingenieur in der Einleitung zu seinem Entwurf: ....Bei einem solchen Werk - welches bezüglich der Gegenwart und Zukunft der Stadt lebenswichtig ist - müssen eher mehr Opfer gebracht werden, als durch übertriebene Sparsamkeit ein unvollkommenes Werk hervorzubringen, dessen Vervollständigung später noch viel größere Ausgaben bewirken wird, vorausgesetzt daß dieses überhaupt später noch möglich ist.” Der Hauptstädtische Kommunalrat machte im März 1875 eine Ausschreibung 27