Faurest, Kristin: Zehn Budapester Plätze - Unser Budapest (Budapest, 2010)
mal alle Händler verschwanden und ein Supermarkt dominiert den Raum, so dass die Vielfalt und das charmante Chaos der Bauernmärkte für immer verloren ging. Es wäre herrlich, wenn dieser Markthalle durch Renovierung mehr architektonische Gerechtigkeit zuteil würde und wieder mehr Händler hierher kommen würden. Draußen am Platz gibt es den Markt der lokalen Produkte, unter einem alten Metalldach entlang des Platzes in der Nähe der Halle. Hier kann man eine große Auswahl an sehr billigen, meist selbstangebauten, anziehend unregelmäßigen und ansprechenden Produkten bekommen-, im Sommer echte Tomaten, die noch so gereift sind wie früher, außerdem verschiedenstes Gemüse, je nach Jahreszeit. Der Hunyadi Markt kommt, wie alle großen Markthallen, in der Geschichte der Nachbarschaft immer wieder vor. Ein Zeitungsartikel klagt z. B. über den Bau eines hölzernen Wasserbehälters: „in einer Ecke hat man einige Bäume abgesägt, da dies die erste Anordnung bei jedem Budapester Bau ist." Der Verfasser bezieht sich auf einen Teil des Platzes, wo Fasane in einer Bude verkauft wurden und wo nun daneben eine Mülltonne hinkommen sollte, was nicht sehr hygienisch wäre. Hunyadi war wohl nicht der einzige Ort, wo Holzbuden nach Belieben aufgestellt wurden, da der Verfasser die Stadt auch „Bódépest" (Budenpest) nennt. Während des Ersten Weltkriegs waren die schrecklichen Auswirkungen des Lebensmittelmangels auch hier sichtbar. Ein Zeitungsbericht aus dem Jahre 1915 beschreibt, dass es sozusagen unmöglich war, Butter, Käse oder Eier zu bekommen und ein separates, kleines Holzhaus nur für diese Transaktionen gebaut wurde. Eine riesige Menge wartete auf das Lieferfahrzeug und drängte sich dann zum Gebäude, wo man an einer Seite Eier und Milchprodukte, an der anderen Fleisch kaufen konnte, alles nur in sehr kleinen Mengen und meist auch nicht immer. „Die Bretter des Holzhauses knarrten. Man könnte glauben, die Menge würde das Gebäude einfach wegschieben.” Eine Frau verlor im Gedränge den Stöckel ihres Schuhs und der Artikel beschreibt die frustrierte Menge der Frauen, die im Gedränge „mehr Haarspangen" verloren, als sie durch billige Einkäufe am Hunyadi eingespart hatten. Die Lebensmittelkrise wuchs und im Oktober 1915 gab es nirgendwo mehr Kartoffeln. Man machte Schieber dafür verantwortlich, die Kartoffeln hamsterten, außerdem Bauern, die Kartoffeln an ihre Schweine und Kühe verfütterten, da Viehfutter zu teuer war, und schließlich den Mangel an Transportmitteln (oder Treibstoff, oder Fahrern). 29