Prakfalvi Endre: Römisch-katholische Pfarrkirchen in Budapest - Unser Budapest (Budapest, 2003)

völkisch-magyarischen Sezession der Jahrhundertwende, die modernistischen und konservativen Werke der Zeit zwischen den zwei Weltkriegen, dann die nach jahrzehntelanger Pause erneut einsetzenden verschiedenen Experimente der Moderne. Die Liste der erklärungsbedürftigen architektonischen, kunsthis­torischen Begriffe befindet sich am Ende des Bandes. Die Mariä Himmelfahrts-, Krönungs- oder Matthiaskirche in der Budaer Burg erscheint in dieser Aufzählung nicht als separates Element, obzwar das heute sichtbare neogotische Gebäude das Ergebnis der Umbauten von Frigyes Schulek (1841-1919) in den Jahren 1873-96 ist. Er hatte zwei Absichten verfolgt: die Re­konstruktion des Zustands der Kirche aus dem 15. Jahrhundert sowie die Vorfüh­rung der Geschichte des Kontaktes der ungarischen Nation zum Christentum anhand von Geschichten, Legenden und Persönlichkeiten - sämtliche als Werke der der Architektur beigeordneten Künste und Kunstgewerbe. Trotzdem wird die Kirche in erster Linie als ein hervorragendes Werk der mittelalterlichen ungari­schen Baugeschichte eingestuft. Bezüglich des Kirchenbaus waren die liturgischen Vorschriften des Vatikanum II (Sacroianctum Concilium, 1962-65) sozusagen der Höhepunkt jahrzehntelanger Prozesse, inwiefern keine Stilpreferenz verkündet wurde. Es wurde ein vornehm einfacher architektonischer Rahmen (comtructio) erwartet, in welchem Gott von dem in seiner Geschichte wandernden Volke richtig, ehrfurchtsvoll und aktiv gefeiert werden konnte. Sowohl die Gebäude, als auch die im Gottesdienst ge­brauchten Objekte sollten würdig, schmückend und schön (dignae decorae ac pulchrae) sein, sowie Zeichen und Symbole (iigna et dymbola) der überirdischen Wirklichkeit. Der Mittelpunkt des Kirchenraums ist der Altar, „der Tisch des heiligen Abendmahls", an dem sich Priester und Gemeinde gegenüberstehen. Der Altar, wo im Sakrament (myiterium fiidei) das unblutige Opfer gegenwärtig wird, ist zugleich der gedeckte Tisch des Herrn. (Früher stand der Altar, der „Altar des unblutigen Opfers" vor der Mauer der Apsis.) Die Änderung, der den Gläubigen zugekehrte und näher gebrachte Altar verstärkte die Bemühungen um eine Pla­nung mit Zentralcharakter (obgleich die Langhaus-Ordnung eher zu den hierar­chischen Zügen der zur Feier der heiligen Messe versammelten Gemeinschaft paßte). Der Langbau drückt die Ganzheit der Kirche in der Sprache der Architektur aus - die Glieder und das Haupt -, der Zentralbau hingegen akzentuiert die Bedeu­tung des Ich, die Bedeutung des an der Liturgie Teilnehmenden. Dem Kirchenrecht zufolge ist die Kirche ein heiliges Gebäude (aedeó iacra), welches dem öffentlichen Gottesdienst dient. Der heilige Ort - eher Ort des Hei­ligen - wird dazu durch „die Weihe und Einsegnung nach Vorschrift der litur­gischen Bücher" (dedicatione vei benedictione) (Kanon 1205 und 1214). Die Weihe 7

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