Prakfalvi Endre: Römisch-katholische Pfarrkirchen in Budapest - Unser Budapest (Budapest, 2003)
Die Kirche (Basilika) Heiliger Stephan in der Leopoldstadt (Lipótváros), 1905 V. Bezirk, Szent István tér „Umeren toten König beweinen / die frommherzigen Ungarn, / ihren neuen Gefährten begrüßen / frohlockend die himmliichen Engel." (Unbekannter Autor: Geschichte des Königs Stephan in Versen, 1280-90) Seit 1993 ist die Kirche der Partnerdom des Graner (Esztergomer) Hauptdoms. Ihrem Rang nach ist sie eine Basilika, als Gebäudetyp jedoch nicht. Den Grundstein weihte am 4. Oktober 1851 der Fürstprimas János Scitovszky. Zehn Jahre später wurde der Bau der die Apsis umgebenden Sakristei beendet, in den folgenden Jahrzehnten war sie der Gottesdienstort der Leopoldstädter Bürger. Ihren ersten Namen erhielt die Kirche nach Sankt Leopold, dem Nationalheiligen der Österreicher. Der Name wurde nach den Milleniumsfeierlichkeiten im Jahre 1897 von Leopold auf Stephan geändert. Der erste Architekt der Kirche, József Hild (1789-1867) plante ein Gebäude im klassizistischen Stil, mit geschlossenem Grundriß, neungeteilt mit Türmen an allen vier Ecken, auf einem von Säulenreihen umgebenen (monopteros) Tambour platziert, mit einer Halbkugelkuppel und einer ringförmigen Sakristei hinter der Apsis. Während der Bauarbeiten wuchs der Kuppeltambour inmitten der „hohen" Häuser der Leopoldstadt immer höher, was dazu führte, daß am 28. Januar 1868 der 50 Meter hohe Tambour, der statischen Probleme der Übergangstützpfeiler wegen, einstürzte. Bis 1876 wurde nun nicht weiter gebaut. Mit der Fortsetzung und der Anfertigung der neuen Pläne wurde dann Miklós Ybl beauftragt. 1891, als er starb, waren die Fassaden mit ihren plastischen Dekorationen, die Gewölbekonstruktion der Doppelkuppel sowie die äußere Schale fertig. Die Kirche steht auf einer hohen, die Unterkirche bergenden Terrasse, des fehlenden Raumes und Ausblicks wegen kommt ihre Masse jedoch wenig zur Geltung. Das in einer Höhe von 95 Metern stehende Kreuz der ersten Kuppelkirche der Stadt wurde am 19. Oktober 1889 gesegnet. Die Weihung wurde von Medárd Kohl, dem Suffragan des Fürstprimas Kolos Vaszary im Jahre 1905 unternommen und dauerte drei Tage. Die erste heilige Messe wurde am 19. November 1905 am Feststag der heiligen Elisabeth von Thüringen, Prinzessin von Ungarn abgehalten. Am 8. Dezember 1906 legte der Kaiser und apostolische. König Franz Joseph 1. den Schlußstein nieder, fünfeinhalb Jahrzehnte nach dem Beginn des Baus. Aus dem Vorraum des historisierenden, vor allem Neorannaissance-Elemente verarbeitenden Gebäude mit zentralisierendem Charakter treten wir in einen 24