Radek Tünde - Szilágyi-Kósa Anikó (szerk.): Wandel durch Migration - A Veszprém Megyei Levéltár kiadványai 39. (Veszprém, 2016)

4. Folgen von Migrationsprozessen auf die Literatur - Kerekes Gábor: Die moderne ungarndeutsche Literatur – gefangen zwischen Authentizität und Fiktionalität sowie ohne Aussicht auf internationalen Erfolg?

Kerekes, Gábor: Die moderne ungarndeutsche Literatur 225 maßen) vereinfachenden Propagandawerke erhielten off selbst von der Seite ihres Auftraggebers, der staatlichen Kulturpolitik, den Vorwurf, sie seien „sche­matisch“ (Gyarmati 2011: 231), während anderen, zumeist den anspruchsvollen Autoren das Fehlen von Parteilichkeit vorgeworfen wurde, wobei es Ironie des Schicksals ist, dass zu diesen letzteren auch solche Schriftsteller wie Tibor Déry und Gyula Illyés gehörten, die bereits vor dem Zweiten Weltkrieg in der Horthy-Ära Probleme mit der damaligen Zensur hatten.3 Klar war nur, dass der so genannte „bürgerliche Realismus trotz aller großen Werte notwendigerweise von niederer Ordnung ist als der sozialistische Realismus“ (Horváth 1950: 37). Im Bereich des ungarischen Verlagswesens war die Lage die folgende: 1954 wurde die so genannte Kiadói Főigazgatóság [Verlagshauptdirektion] gegründet, deren Aufgabe es war, eine Kontrolle über die in Ungam geplanten Buch Ver­öffentlichungen auszuüben; sie existierte bis 1989. Nach dem Volksaufstand von 1956, in dessen Verlauf etwa 2.600 Men­schen starben, und nach der bereits am 4. November 1956 einsetzenden Vergel­tung, in deren Rahmen bis zum 1. April 1958 insgesamt etwa 14.000 Verurtei­lungen erfolgten und 229 Todesurteile vollstreckt wurden, konnte die sich nun­mehr unter dem Namen USAP neu formierende Staatspartei die Schwächung und die innere Zerrissenheit des Landes nicht ignorieren, das rund 180.000 Menschen verlassen hatten, darunter ca. 26.000 Intellektuelle (Szönyei 2012: 64). Im Interesse der Stabilisierung der Macht der Partei begann man bereits 1957 mit der Einführung von kleinen Erleichterungen, die die Volksmassen dazu bewegen sollten, der neuen politischen Führung gegenüber weniger abweisend zu sein. Im Bereich der Kultur gehörte der Literatur von allen Kunstgattungen am deutlichsten die Aufmerksamkeit der neu organisierten Staatspartei und ihrer Gremien (Szönyei 2012: 19). Zunächst wurden im Rahmen der Vergeltungsmaß-nahmen im Zusammenhang mit dem 1956er Volksaufstand auch Prozesse gegen von der Staatspartei als renitent und aufwieglerisch eingestufte ungarische Schriftsteller geführt, in deren Rahmen man zunächst - so etwa im Falle von Tibor Déry — sogar die Todesstrafe als mögliches Urteil in Betracht gezogen hatte (Gergely - Izsák 2000: 439). Schließlich beließ man es bei Gefángnisstra-fen: Tibor Déry, Gyula Háy, Zoltán Zelk, Tibor Tardos, Zoltán Molnár, Gyula Fekete, Domokos Varga, István Eörsi und István Lakatos erhielten Strafen zwischen 5-9 Jahren. Andere Autoren wurden mit einem 3 Ein Beispiel für eine Attacke gegen Lukács und Déry seitens des die Kulturpolitik Ungarns in der damaligen Zeit alleine bestimmenden Ministers für Volksbildung: Révay (1950: 283-317).

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