Internationales Kulturhistorisches Symposion Mogersdorf 2007 in Kőszeg 3. bis 6. Juli 2007 (Szombathely, 2014)

Ivo Goldstein: Die Ustascha Revolution 1941. Die Entstehung einer neuen Elite?

wurde. Das Kriegsgericht der 2. Jugoslawischen Armee verurteilte ihn zum Tode wegen „Schürung des nationalen Hasses unter den Völkern Jugoslawiens”. Manche Episoden können bezeugen, dass neue gesellschaftliche Verhältnisse aufgestellt wurden, damit eine neue Elite aufgebaut werden könnte: Nach der Rückkehr nach Zagreb wurden allen Mitgliedern der USK Regierung meist jü­dische Villen und Wohnungen im vornehmen Teil Zagrebs zur Verfügung gestellt. Pavelic, bzw. seine Frau, eigneten sich nicht weniger als neun solche Villen an.12 Entsprechend der Position in der Ustascha-Hierarchie wurde einem das Recht auf Inbesitznahme solcher Häuser und Wohnungen zugeteilt. Sime Korculanié, Leutnant in der Poglavniks (so nannte Pavelid sein Amt) Leibgarde eignete sich zwei Wohnungen an, beide im jüdischen Besitz.13 Seinen Gardisten wurde jeweils nur eine Wohnung zugeteilt, manche wurden sogar zu zweit in eine größere Wohnung einquartiert. Wer auszog und wer in die so freigemachten Wohnungen einzog, besagt das folgende Beispiel: Im Mai 1942 wurde Familie Deutsch aus ihrer Wohnung im Zagreber Zentrum in die Stadtperiferie „abgesetzt”. Bis 1941 war die Tochter Lea (1927) das berühmte Zagreber Wunderkind, vielseitig begabte Schauspielerin, Sängerin und ein richtiger Star des Kroatischen Nationaltheaters, populär und beliebt in weitesten Kreisen Zagrebs und an anderen Bühnen, wo sie auftrat. Nach ihrer Aussetzung aus der Wohnung, benachrichtigte die Judenabteilung das Stadt­wohnungsamt, dass Familie Deutsch auch „das dort befindliche Klavier auf dem die bekannte Lea Deutsch, Tochter des erwähnten Juden Stjepan Deutsch, ihre Übungen erledigt - den besagten Gegenstand wird der neue Bewohner keineswegs benötigen” mitnehmen darf.14 Auch dies bezeugt davon, dass sich im April 1941 für jeden Intellektuellen, und auch für jeden Bürger mit gesundem Verstand, ein „metaphysischer Fall” voll­zogen hat.15 Miroslav Krleza (1893-1981), wahrscheinlich der größte kroatische Schriftsteller des zwanzigsten Jahrhunderts, schrieb im Jahre 1945, dass die Be­schreibung von allen Greueltaten, verursacht durch den Nazionalsozialismus, „ein Thema ist, „das auf seinen Shakespeare wartet”,16 sollten wir zumindest annähernd die Tiefe der Tragödien und die Schwere der Katastrophen, die uns ereilt haben, verstehen. Angewandt auf das Thema dieses Buches, müssen wir uns fragen, wie es möglich war, dass sich Zentren der Kultur und Zivilisation, und Zagreb war zweifellos eins davon, plötzlich in Schauplätze der Massenverbrechen und Barbarei verwandelt haben? Teilweise liegt die Antwort im Verständnis dessen wer die Ustascha-Eliten waren, beziehungsweise Intellektuelle die die Idee eines ethnisch reinen Staates den edlen Ideen, die die Grundlage ihrer Bildung waren, vorzogen. 54

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