Internationales Kulturhistorisches Symposion Mogersdorf 2007 in Kőszeg 3. bis 6. Juli 2007 (Szombathely, 2014)
Gernot Peter Obersteiner: Von der Monarchie zur Republik. Eliten in Politik und Verwaltung der Steiermark (1890-1945)
zwei Abgeordnete in den Landtag entsandten. Da 1919 auch das Wahlrecht für Frauen eingeführt worden war, gehörten der politischen Elite des jungen Bundeslandes Steiermark nun erstmals auch Vertreterinnen des weiblichen Geschlechtes an; bei den Christlichsozialen die Grazer Schriftstellerin Olga Rudel-Zeynek, die Bürgerschullehrerin Marianne Kaufmann aus Graz und die Fürstenfelder Tabakarbeiterin Maria Rieger, bei den Sozialdemokraten die Sekretärin Martha Tausk aus Eggenberg bei Graz und die Privatbeamtin Cacilia Nemec aus Kapfenberg. In die neue Landesregierung schaffte es jedoch noch keine Frau. Landeshauptmann wurde Anton Rintelen (CS), seine Stellvertreter waren der Rechtsanwalt Jakob Ahrer (CS, Landesführer der Heimwehr, 1924-26 in der Regierung Ramek Finanzminister, wegen Bankentransaktionen abgesetzt und nach Kuba emigriert) und Josef Pongratz (SD). Als Landesräte fungierten die Christlichsozialen Franz Pri- sching, Dechant von Krieglach, der Grundbesitzer Franz Tauschmann, der Präsident des katholischen Bauemvereines Franz Hagenhofer, der Direktor der Landwirtschaftsschule St. Martin bei Graz Josef Steinberger sowie von Seiten der Sozialdemokraten der Geschäftsleiter Reinhard Machold und der Redakteur Hans Resel. Heinrich Wastian vertrat die Bauernpartei in der neuen Landesregierung. Im Amtskalender für das Jahr 1919 ist bei Wastian noch „Schriftsteller in Marburg” angegeben; im Herbst 1919 sollte die neue Staatsgrenze jedoch bereits gezogen sein und die Untersteiermark südlich der Linie Soboth-Radkersburg - rund ein Drittel von Territorium und Bevölkerung des Kronlandes Steiermark - fiel an den jungen SHS-Staat. Im Juli 1920 trat der Friedens vertrag von St. Germain in Kraft. Anton Rintelen, Landeshauptmann von 1919 bis 1926 und von 1928 bis 1932, gehört zu den schillerndsten Figuren der politischen Elite der Steiermark in der Zwischenkriegszeit. Aus ursprünglich westfälischer Juristenfamilie stammend, war er geborener Grazer, Professor für Zivilrecht sowie Dekan der Juridischen Fakultät. In seiner Amtszeit als Landeshauptmann begannen die Auseinandersetzungen zwischen den paramilitärischen Selbstschutzverbänden der Parteien. Nach einem Intermezzo im Nationalrat - in Graz war Rintelen über eine Falschgeldaffäre gestolpert - erneut steirischer Landeshauptmann, schützte Rintelen 1931 den Heim- wehr-Putschisten Walter Pfrimer, war kurzzeitig unter Dollfuß Minister, wurde 1933 als Gesandter nach Rom weggelobt. Als Sympathisant Hitler-Deutschlands war er während des NS-Putsches 1934 Anwärter auf die österreichische Kanzlerschaft, sah sich nach dessen Scheitern des Hochverrates angeklagt und zu lebenslänglichem schweren Kerker verurteilt. 1938 wurde er von Bundeskanzler Schuschnigg auf Betreiben Hitlers begnadigt. Während Rintelens Zeit im Nationalrat fungierte von Juni bis Oktober 1926 der Priester Franz Prisching als Landeshauptmann, seit 1906 Pfarrer und Dechant im obersteirischen Krieglach und seit 1907 Reichsratsabgeordneter. Prisching hatte 1918 der Provisorischen Landesversammlung angehört und war Finanzreferent und 21