Szekszárdi Vasárnap 1998 (8. évfolyam, 1-27. szám)
1998-06-28 / 12. szám
1998. JÚNIUS 28. SZEKSZÁRDI 11 Vor 3 Wochen veranstaltete die Gemeinde Gyönk / Jink ein Heimattreffen mit dem Motto „50 jähriges Jubileum der Vertreibung der Ungarndeutschen von der Gemeinde Gyönk / Jink". Die Festrede hielt Dr. Michael Józan-Jilling Stellvert. Vorsitzende der LDU. Hier ein Auszug von seiner Festrede. Die letzten zwei Jahren haben wir landesweit mehrere Veranstaltungen gehabt, wo wir uns an die Vertreibung und Entrechtung der Ungarndeutschen errinncrt haben. Gott sei Dank darf man sich wieder erinnern, nicht nur wie früher: zu Hause in stillen Gedanken, sondern auch vor der Öffentlichkeit. Ja, die Zeiten haben sich in der Politik geändert. Es ist Mai, ein Monat mit vollem Frühlingsrausch. Im Jahre 1945 gab es auch mal Mai, aber dennoch war der damaliger Mai ein völlig anderer Mai. Einst wurde in der Schule gelehrt, der • i vom Jahre 1945 ist der Monat der reiung und des Sieges. Ich erinnere mich an den 60-er, 70-er Jahren: Roter Stern, Hackenkreuz, Nemesmedves, der vierte April - Tag der Befreiung. Es hieß: „Ungarn und die hier lebenden Völker befreite die sowjetische Armee, damit fing eine schöne neue und freie Welt an." Ja, dies stand in den Lehrbüchern, in der Zeitung, dies behandelten auch die Medien. Doch in der Spinnstube, an den langen Winterabenden erzählten die Eltern und Großeltern ganz andere Geschichten: der gewalttätige und plündernde russische Soldat, die lange und grausame Gefangenschaft, Zwangsarbeit - malenkij robot und noch dazu die totale Entrechtung, die mit dem Wort „Aussiedlung" verhehlte Vertreibung. Zwei völlig anderen Auffassungen und Interpretationen, die schon damals dazu beigetragen haben, daß ich die Bezweiflung erlernt habe. Wie sieht das alles heute aus? Ich meine die sog. „Befreiung", wenn wir an die Opfer des Faschismus und des Zweiten Weltkrieges denken, brachte wirklich *für viele Menschen Leben, Freiheit, Erleichterung und Frieden. Aber in einigen Länder Europas bezüglich des Abkommens von Jalta begann eine neue Willkürherrschaft... „Vae victis! Wehe den Besiegten!" Dies spürten auch in den Karpatenbecken lebenden Ungarndeutschen sowie auch die Ungarn. Die Männer der Politik des 20. Jahrhunderts verfügten über wenige Gefühle und Mitleid bezüglich des Schicksals der Völker und Menschen. Sie schematisieren alles auf Divisionen, Verlüste, Beuten und Waggons. Nur die Frauen, die Mütter spürten das Wesentliche: die Gefahr des Lebens, und sie versuchten zum Teil auch zu retten, was noch zu retten war. Aus ihrem tiefsten Innern, aus ihrem verborgenen Instinkt, aus ihren Genen stammt diese Empfindlichkeit für Gefahr. Ja, die Wiege des Lebens und Schmerzens liegt im Mutterherz. Es war auch damals Mai, wie zu dieser Zeit, Monat der Kinder und Mütter. In jenem Monat gab es auch Konferenzen mit viel rationaleren Gehalte. Die Landkarte Europas wurde neu beschrieben, Völkergruppen wurden in Waggons gezwungen. Unsere Volksgruppe litt sehr unter dieser Zeitperiode. Als Sündenbock, Folge der unmenschlichen Befehle, verantwortlich für alles Böse, haben wir Hof und Gut und Heimat zurücklassen müssen. Die Ungarndeutschen haben wirklich sehr viel an dieser Zeit verloren. Durch den Krieg verloren wir Hunderttausenden Menschenleben, die während der Vertreibung verloren wir was noch übrig geblieben ist: Existenz und Heimat. Aber bevor wir mit der Auflistung des Unrechtes, was uns betroffen hat was sowieso nichts bringt - anfangen, möchte ich Sie darauf aufmerksam machen, daß im Jahre 1950 - in den härtesten Jahren des sogenannten Kalten Krieges, in Stuttgart, die Leiter der aus Mittel-Osteuropa vertriebenen Deutschen die Stuttgarter Charta veröffentlicht haben. Bitte erlauben Sie eine kurze Zitat daraus: „Im Bewußtsein ihrer Verantwortung vor Gott und Menschen, im Bewußtsein ihrer Zugehörigkdit zum christlich abendländischen Kulturkreis, im Bewußtsein ihres deutschen Volkstums und in der Erkenntnis der gemeinsamen Aufgabe aller europäischen Völker: 1. Wir Heimatvertriebenen verzichten auf Rache und Vergeltung. Dieser Entschluß ist uns ernst und heilig im Gedenken an das unendliche Leid, welches im besonderen das letzte Jahrzent über die Menschheit gebracht hat. 2. Wir werden jedes Beginn mit allen Kräften unterstützen, das auf die Schaffung eines geeinten Europas gerichtet ist, in dem die Völker ohne Furcht und Zwang leben können. 3. Wir werden durch harte, unermüdliche Arbeit teilnehmen am Wiederaufbau" Deutschlands und Europas. Wir haben unsere Heimat verloren. Heimatlose sind Fremdlinge auf dieser Erde. Gott hat die Menschen in ihre Heimat hineingestellt. Den Menschen mit Zwang von seiner Heimat trennen, bedeutet, ihm im Geiste töten. Wir haben dieses Schicksal erlitten und erlebt. Daher fühlen wir uns berufen zu verlangen, daß das Recht auf die Heimat als eines der von Gott geschenkten Grundrechte der Menschheit anerkannt und verwirklicht wird. Wir rufen Völker und Menschen auf, die guten Willens sind, Hand anzulegen ans Werk, damit aus Schuld, Unglück, Leid, Armut und Elend für uns alle der Weg in eine bessere Zukunft gefunden wird." Liebe Landsleute und Freunde! Christentum und Europäertum, authentische aufs nächste Jahrtausend verweisende Gedanken, die nicht von vorübergehende Launen, von Moden der Zeiten, sondern durch Erfahrungen erlitten gestaltet worden sind. i,WIE'S DAHEIM WAR' Ein Lesebuch über Kleindorog/Kisdorog Der Titel des frisch erschienenen Heimatbuches über Kleindorog trägt eine angenehme Information. Es ist ein Lesebuch, was man nicht „auf einen Sitz" ausliest, sondern man blättert darin, man wählt von den Themen was einem am besten interessiert, oder was des Stimmung nach einem gerade entspricht. Man nimmt es immer wieder her und liest, und liest. Man muß also nur anfangen, dann kann man es nicht mehr weglegen, man verliert das Gefühl über die Zeit und man verweilt sich stundenlang daran. Die Verfasserin Rosi Hoffmann, geb. Brunner erblickte 1940 das Tageslicht in Kleindorog, . lebt heute seit 1948 in Deutschland. Di« tragischen Erlebnisse in ihrer Kindheit - /Mutter verschleppt in Rußland, Vater an der Front gefallen, sie als 5jähriges Kind und Großvater im Lendler Internierungslager (getrennt), er dort gestorben/- dre Erinnerungen, die Liebe zur alten Heimat, die sie kaum kannte und der „Plagegeist", der ihr keine Ruhe ließ, spornten sie an ihren Geburtsort zu beschreiben, die Geschichte und das Leben des Dorfes zu entdecken und den Landsleuten und Interessenten darzustellen. Nicht zuletzt für die Generationen der kommenden Jahrhunderte ein Gedenkbuch zu verewigen. Die riesengroße, wunderbare Arbeit, die in Buchform vor uns liegt, ist sowohl der Ausmachung als auch des Inhalts bezüglich hochragend gelungen. Das Foto vom neuen Kalvarienberg Kisdorogs ziert den Buchumschlag, gleichzeitig symbolisiert es den Leidensweg in den schweren Zeiten. Die Ausmachung lobt die Szekszárdi Nyomda, die mit Zuneigung und anspruchsvoller Arbeit des Experten in Vereinbarung mit der Verfasserin ihr Bestes getan hat. Sehr anschaulich ist im ersten und letzten Innenblatt die Landkarte Ungarns, ausgehoben das Komitat Tolna, darin das Dorf Kleindorog. Das letzte Umschlagsblatt wurde von vielsprechenden Familienfotos bedeckt, gleichzeitig der Inhalt erweitert. Die vorgelegte Arbeit hat einen wichtigen ortsgeschichtlichen Wert, sie soll die Erinnerung an die verlorene Heimat wachhalten. Das Heimatbuch erzählt uns die Geschichte des Dorfes, hinausgehend über die vergangenen 300 Jahre, wo die Einwanderer aus dem Schwabenland (Baden-Württemberg) als echte Schwaben ihren neuen Wohnort gefunden haben. Von Anfang an aus der Frühgeschichte bis zur Neubesiedlung nach der Türkenherrschaft hat man geringe Funde und Quellen über den Ort „Dorogh". Von der Ansiedlungszeit bis 1945 war die Grundherrschaft die Familie Döry. Mit ihr im Zusammenhang lief die Geschichte und die Entwicklung der Einwohner. Der berühmte Prozeß der zwei Gebrüder Döry im 18. Jahrhundert teilte das Dorf in zwei Teile und bestimmte auf lange Jahre die „ignazischen" und „admischen" Bauern. Die Geschichte des 20. Jahrhunderts können die noch heute lebenden Landsleute aus eigener Erfahrung selbst erzählen, aber Rosi Hoffmann erleichtert uns die Sache mit der gründlichen Beschreibung der großen entscheidenden Geschehen: die Auswanderung nach Amerika, den 1. und 2. Weltkrieg, die Flucht, die Verschleppung, die Enteignung, die Internierung, die Vertreibung, die Zwangsauswiesung, den Neuanfang usw. Ein großes Kapitel erzählt uns über das Leben in Frieden: über den Alltag, die Feiertage, die Kirchengeschichte, die Gemeindeverwaltung, das Schulwesen, die Volkstracht, die Volksbräuche, die Mundart, von besonderen Leuten. Nämlich die Doroger sind besondere Leute, ein extra Typ Doroger Charakter, sie Verstehen Humor, es gibt berühmte Spaßvögel, die weit und breit beliebt sind. Natürlich finden wir Lektüre über die heutigen Zeiten, über die „neuen" Einwohner, die heute schon „Alte" sind, über Verhältnis, Einigkeit und Frieden mit ihnen. Ja, und was mir noch gefällt: die Illustration mit zahlreichen Fotos, die schönen, passenden Gedichte, die für uns Leser meistens neu sind, die Schreibweise der Schriftwerke, bzw. anderes Schriftwerk=andere Buchstaben. Den ganzen Inhalt des Buches will ich aber nicht verraten, sonst bleibt ja nichts zum lesen. Natürlich gebe ich den Interessenten auch gerne Auskunft über das Buch zu erhalten, im Namen der Verfasserin mit freundlicher Empfehlung Maria Simon