Szekszárdi Vasárnap 1993 (3. évfolyam, 1-51. szám)

1993-12-26 / 51. szám

14 , SZEKSZÁRDI VASARIAP 1993. DECEMBER 24. Deutsche Seite Durch jede Stunde durch jedes Wort blutet die Wunde der Schöpfungfort. (Gottfried Benn) Jesu Geburt Es begab sich aber zu der Zeit, dafi ein Gebot von dem KaiserAugu­stus ausging, dafi alle Welt geschátzt würde. Und diese Schátzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. Und jemandem ging, dafi er sich schátzen liefie, ein jeder in seine Stadt. Da machte sich auf auch Josef aus Galilaa, aus der S t ad t Naza­reth, in dasjüdischeLand zur Stadt Davids, dieda heifitBethlehem, weil er aus dem Hause und Geschlechte Davids war. Maria seinem vertrau­ten Weibe, die war schwanger. Und als sie dort waren kam die Zeit, dafi sie gebaren sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn, und wickelte ihn in Windeln und leg­te ihn in eine Krippe. Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und der Engel ,des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie, und sie früchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: Früchtete euch •s nicht! Siehe, ich verkündige euch grofie Freunde, die allém Volk wieder­fahren wird: denn euch ist heute der Heiland geboren welcher ist Cristus, der Herr, in der Stadt Davids. (Lukas, 2.1-20) Weihnachts­abend Weihnacht ist's, undjeder Raum glánzt im Lichterschimmer, Harzgeruch vom Tannenbaum duftet durch das Zimmer. Gaben werden ausgetauscht unterm Schein der Kerzen, Wünsche heimlich abgelauscht einem lieben Herzen. Keine Unruh', keine Hast Trübt die Feierstunde, Freude weilt als guter Gast bei uns in der Rundé. Und wir singen mit Bedacht eine Weihnachtsweise, vor dem Fenster in der Nacht falit der Schnee ganz leise. Der Tannenbaum als Weihnachtsbaum Zu Weihnachten schmücken wir einen Tannenbaum. In Mittel­europa ist diese Sitté weit verbrei­tet. Schon im 15. Jahrhundert war der weihnachtliche Christbaum als Weihnachtsbaum und Lichter­baum bekannt. Die geschmückten grünen I1A me sind rein botanisch gesen^r meistens Fichten. Diese schöne Sitté geht vermutlich auf den men­schlichen Wunsch zurück, in der rauhen Winterzeit etwas Grünes im warmen Zimmer zu habén. Schon die altén Römer holtén sich zur Jahreswende blüchende Zwei­ge in die Wohnung. - b ­E " J r stand am Bahnsteig und lachelte Anna zu, die zum Fenster ihres Abteils hinausschaute. „Bist alléin im Abteil?" „Ja. Ist das wichtig?" „Nein." Ara Bahnsteig eilten Leute vorbei. Larm. Ge­pack. „Ich reise gerne alléin. Dakann man sich seinen Gedanken hingeben." „Du warst immer gerne alléin." Die Stimme aus dem Lautsprecher erklang wie­der. „Was sagen die, Thomas?" „Wir habén noch auf einen Gegenzug zu war­ten." „Ganz dumm!" Die spátsommerliche Sonne beschattete alles mit fahlen Farben. „Nett von dir, Anna, daB du bei mir vorbeige­kommen bist." „Meinst?" „Schon." „Nach 22 Jahren?" „Ja." „Bist mir nicht böse, Thomas?" „Böse? Eine ganz groBe Überraschung, daB du gekommen bist." „Dumm, was?" Er stand dort untén am Bahnsteig, suchte nach Erinnerungen in ihrem Gesicht, in ihrem altén Ge­sicht, doch war es nur ihre Stimme, die bekannt klang. „Du meinst?" „Ich meine, jetzt ist es schon ganz egal, daB ich dich vor 22 Jahren verlassen habe, um einen ande : ren zu heiraten." „Völlig." Im Larm konnte man wieder die Stimme aus dem Lautsprecher vernehmen, die die Abfahrt der Züge durchsagte. „Dein graues Haar, Thomas." „Man wird alt. Alle werden wir alt." „Ich schickte ein Telegramm, als unser Sohn überfahren wurde." „Danke." „Es war auch dein Sohn!" „WeiB ich." „Zog es dich nicht an sein Grab?" „Doch... Ich stand dort hinter seinen Mitschü­lern." „Nein! Nein!" Ludwig Fischer: Am Bahnhof „Doch, Anna. Ich wollte dich nicht sprechen... Nach dem Begrabnis ging ich wieder weg, hinaus zum Bahnhof." 1 Sie starrte ihn sprachlos an. „Ich habe Trauer und Einsamkeit nie an die groBe Glocke gehangt." „Du warst aber heute nett zu mir, Thomas! Hast mich auch zum Zug begleitet. Ich wollte meinen Erinnerungen auf die Spur kommen, wollte wieder da vorbei, wollte die lángst vergangene Zeit wieder erieben..." „Und?" „Ich erlebte wieder meine Jahre, Gassen, Spzier­giinge. Stimmungen erlebte ich wieder, Erinnerun­gen wurden in mir wach, als du mich durch deine Wohnung fűhrtest... In der Küche steht noch der alte Tisch, die bekannten Möbel im Zimmer, vor dem Fenster der alte, schattige NuBbaum... Ich schaute zum Fenster hinaus, die schweren Türme der Kathedrale, die altén Kastanienbaume. WeiBt noch die Bank dort an der Ecke? Dort wartete ich mit unserem Jungen immer auf dich." „Banké hast du an allén Ecken." „Damals war es unsere Bank, Thomas! Oft er­tráumte ich mir den Weg auf den Berg, die bekann­ten Háuser. Hat man noch den Weg, die Gassen, hat man sie noch? Das wollte ich wissen, sehen wollte ich es. ^^ Du meintest, ich ware müde, als ich mich vor^p Kirche der Pauliner setzen wollte. Ich wollte nur in die bekannte, in die ertraumte Gasse hinabsehen, jedes Haus, die Baume und Büsche... Ich wollte sie wieder erieben. Ich wollte wieder das stille Dahin­tráumen der mattén Herbsttage erieben. WeiBt noch den gelben Ball? WeiBt ihn noch, Thomas? Den Rasen hat man ja auch noch. Der kleine Tho­mas brachte seinen groBen, gelben Ball mit. WeiBt noch? Die altén Tannen und Fichten. Ich saB im grünen Schatten. Du warst mit Kleinthomas auf dem Rasen. Ja, Weg und Steg fiihren noch durch den Wald, Waldblumen, das kühle Grün der Tan­nen, untén die Stadt." Er stand am Bahnsteig, blickte auf zum Abteil­fenster. Nur die Stimme, die Stimme erinnerte ihn an Jahre... Das Gesicht bleib ihm fremd. Bald machte die Lokomotive einen kráftigen Ruck. „Anna!" winkte er dem Fenster zu. Als schimmerten in ihren Augen die bekannten Gas­sen, Hiiuser und auch die Jahre, die sie für immer in dieser Stadt gelassen hat. D er Zug entfernte sich immer schneller. Er ging zum Zeitungskiosk, kaufte sich eine Zei­tung, dann zündete er eine Zigarette an und ging langsam dem Ausgang zu. t

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