Die Erste internationale Jagd-Ausstellung Wien, 1910. Wien-Leipzig, 1912 / Sz.Zs. 424

II. TEIL. Die Ausstellung und das Jagdwesen - II. ABSCHNITT. Die Jagd und deren Betrieb

Der Hund und die Jagd. nur inftinktiv gefaßten Jagdplan voraus. Diefes pfycbifcbe Element, das Element der Unterordnung, fowie das phyfifche des Hundes, das ausgeprägte Witterungsvermögen, machte den Hund erft tauglich zum Jagd­gefellen des Menfchen. Wildmangel und feine Folge, Nahrungsmangel, Hungersnot oder fchließlich auch reine Jagdluft mochte die Veranlaffung gewefen fein, daß die das Lager umlungernde herrenlofe Meute dem Jäger frei­willig zur Jagd zu folgen begann, fcbließen fieb doch beute nocb oft Jagdbunde jedem an, der ein Gewehr trägt. Folgten fie ihm früher allein der Abfälle wegen, fo fpürten fie jetjt das Wild auf und trieben es dem Jäger zu. Der Menfcb, der die zur Jagd tauglicbften, ihm daher nüt}licbften Hunde bald erkannte, okkupierte fie als Privateigentum und fuebte fie mit Güte oder auch Gewalt dauernd an fieb zu feffeln. Im Augenblicke aber, wo der Hund feinen beftimmten Herrn hatte und in oder bei deffen Heim verwahrt wurde, konnte er im vollften Sinne des Wortes als Haustier angefeben werden. Und jet3t erft begann eigentlich die gegenfeitige Wecbfelwirkung zwifeben Menfcb und Hund. Wie der Menfcb den Hund immer gebrauchsfähiger machte, fo lernte er felbft vom Hunde, indem er zum erften Male ein Stück geiftigen Lebens der Natur fieb als Befitj aneignete. Die bei aller Routine doch febematifeb einfeitige und mehr triebhafte als bewußte Jagdpraxis des primi­tiven Jägers begann fieb zur Kultur zu veredeln: aus dem Jäger wurde der Weidmann. Bei Völkern, welche weder Jäger noch Hirten find, ift der Hund beute nocb ein berrenlofer, verachteter Paria. Während der Beduine feinen Windbund an Wertfcbätjung feinen edlen Pferden gleichstellt und ihm einen Platj in feinem Zelte einräumt, folgt der Karawanenbund nocb immer herrenlos der Kamelreibe der feierten feine guten Eigen­fchaften, befonders aber feine fpricbwörtlicbe Treue. Von großer diebterifeber Schönheit und Wahrheit ift jene Stelle in der Odyffee, wo der Held nach zwanzig­jähriger Abwefenbeit, ver­kleidet, ein elender Bettler, den heimatlichen Hof betritt und ihn nur der treue Hund des Haufes erkennt, fieb im legten Aufflackern der Lebens­kraft mübfam zu den Füßen des geliebten Herrn fcbleppt, um dort zu verenden, als hätte er nicht fterben können, bevor er nicht noch einmal feinen Herrn gefeben. e Meute vor dem Franzöfifcben Pavillon. Händler und lebt und ftirbt im Staub der Straße. Erft aus dem Jagdbunde ent­wickelte fieb der Freund des Menfchen, als den wir den Hund beute zu betrachten gewohnt find. Daß diefes Band aber viele Jabrtaufende alt ift, be= weifen uns viele ägyptifcbe Denkmäler aus der Zeit 3000—2000 v. Cb., aufweichen wir Hunde (es find dies meiftens eine Art Windhunde) dargeftellt finden. Auf dem Grabdenkmal Tbotmes III. (2000 v. Cb.) ift ein Dachshund eingemeißelt. Aber auch die Dichter Bei den alten Germanen ftand der Hund in hohem Anfeben. Ein guter Leitbund war doppelt fo hoch bewertet als ein Pferd. Von der Sorgfalt, mit welcher man damals auf feine Hunde achtete, zeugt der in der Wiener Hofbibliotbek befindliche altbochdeutfcbe »Hundefegen«, der den Schutz Wotans für diefelben anruft. Die Winde galten als Hunde. Eine in allen germanifeben Ländern verbreitete Mythe fpriebt von Hunden, die im Herbft vom wilden Jäger in einem Bauernhöfe zurückgelaffen, dafelbft am Herde liegen und mit glühenden Zungen die Afcbe lecken, bis fie der wilde Jäger im Frühling wieder holt. Im Zufammenbange damit wird es klar, warum ein auf der Jagdausftellung exponiertes mittelalterliches Jagdperfonalverzeicbnis den Riidenmeifter »Windmeifter« nennt. Die glänzenden Eiger,fchaften des Hundes, feine Treue, fein demütiger Geborfam, der fieb glücklich mit einer gewiffen angeborenen Würde paart, feine Gelehrigkeit und feine natürliche Begabung prädeftinieren ihn geradezu vor allen anderen Tieren zum treueften Diener, ja zum Freunde des Menfchen, dem er fieb derart angepaßt hat, daß feine Haltung faft gar keine Mühe verurfacht. Anfprucbslos und genügfam, ift er mit allem zufrieden, ift glücklich, wenn es ihm geftattet wird, in der Nähe feines Herrn fein Lager zu haben; als Nahrung ift ihm alles lieb, was der Menfcb ißt und es genügt ihm, fieb nur einmal des Tages fatt zu effen. Alle diefe Eigenfcbaften machen es erklärlich, daß fieb der Menfcb feit jeher intenfiv mit dem Hunde befaßte und fein Augenmerk darauf richtete, durch forgfältige, der Art feiner beabfichtigten Verwendung angepaßte Zuchtwahl die Raffen zu veredeln und ihre fpeziellen Eigenfcbaften zur größtmöglichften Entwicklung zu bringen. So zahlreich nun die Raffen des Hundes find, fo mannigfaltig find auch die Arten feiner Verwendung. Nach ihr febeidet man auch die Hunde in Jagd-, Luxus-, Scbut}- und Nutjbunde, eine Einteilung, die allerdings auf wiffenfcbaftlicben Wert keinen Anfpruch machen kann. Wenn irgend jemand Gelegenheit bat, die Eigenfchaft der Hunde zu febä^en und zu ftudieren, fo ift es wohl in erfter Linie der Jäger; wie nützlich, ja unentbehrlich fie ihm find, das weiß aber auch derjenige, der kein Anbänger des edlen Weidwerkes ift. 103

Next

/
Thumbnails
Contents