Die Erste internationale Jagd-Ausstellung Wien, 1910. Wien-Leipzig, 1912 / Sz.Zs. 424

II. TEIL. Die Ausstellung und das Jagdwesen - II. ABSCHNITT. Die Jagd und deren Betrieb

Die Ornithologie. Von Titus Cförgey. B ei dem Reichtum jener Vogelpräparate, welche teils als Trophäen, teils als Vertreter gewiffer Faunen­gebiete die Hallen der Ausftellung zierten und deren Würdigung weit über die Grenzen diefes Artikels ginge, muß man ficb hier auf die Gruppen jener ftaatlicben Zentralanftalten befchränken, welche von der ausgefprocbenen Abficbt der ornitbologifcben Schulung geleitet wurden. Diefe find: Die Kaiferlicbe Biologifcbe Anftalt Berlin (Direktor Dr. G. Rörig) und die Königliche Ungarifcbe Ornitbologifche Zentrale (Direktor Otto Herman). Der Umftand, daß beide Inftitute die Anlehnung an das Jagdwefen baupt­fäcblicb in der Darlegung der Nabrungsweife und hiermit der wirtfcbaftlicben Bedeutung der Raubvögel fuchten, findet feine Erklärung in jener bedauerlichen Erfahrung, daß viele unferer Jäger beim Anblick jedweden Raubvogels auch heutzutage noch fofort zur Flinte greifen. Daß hierdurch ein Wunderwerk der Schöpfung, ein Ideal tierifcher Schönheit und Kraft vernichtet wird, empfinden fie feiten. Und daß es ja nicht bloß fcbädlicbe, fondern auch nützliche Raubvögel gibt, deren Vernichtung gleichbedeutend ift mit der Erhaltung von Taufenden der fcbädlicbften Nagetiere und Käfer, die dem Landwirte empfindlichen Schaden ver­urfacben, wird ebenfalls häufig überleben. So mancher Schütze betrachtet felbft den erbeuteten Turmfalk mit dem befriedigenden Gefühle der guten Tat, feft überzeugt, daß jeder Krummfcbnabel, als dem Wildftande gefährlich, zu vernichten fei. Den Facbornitbologen berührt diefe Erfahrung um fo fcbmerzlicher, da dod) auf anderen Gebieten gerade der Jäger fein treuefter Mitarbeiter ift, mit dem er vereint am Pfade der Erforfcbung der Naturgeheimniffe vordringt, Mühe und Freude mit ihm teilend. Worin liegt es nun, daß beider Wege gerade in dem erwähnten Punkte, in der Frage der wirtfcbaftlicben Rolle der Raubvögel auseinandergeben? — Teils in der Tradition, noch mehr aber darin, daß der Ornitbologe jene Fragen auf Grund der Unterfucbung des Mageninhaltes vieler hier in Betracht kommender Individuen, d. b. aus dem Durcbfcbnitte einer Menge von Dokumenten beurteilt, während der Jäger häufig geneigt ift eigene, ficb meift gerade auf Ausnabmsfälle beziehende Beobachtungen geringerer Anzahl zu verallgemeinern. Unter diefen Umftänden war es von größter Wichtigkeit, durch tunlicbft anfchaulicb ausgeführte Magen­inbalts-Präparate und überfichtliche tabellarifcbe Ausweite ein möglicbft getreues Bild der Ernäbrungsweife gewiffer Vögel zu gewinnen und auf diefe Weife die richtige Beurteilung mancher der verkannten Vogelarten zu erleichtern. Unfere Studien in der in der Turmnifcbe des Ungarifcben Jagdfcbloffes etabliert gewefenen fiusftellung der Königlich Ungarifcben Ornitbologifcben Zentrale beginnend, finden wir dort die Hauptriebtungen der Arbeiten diefes Inftituts in drei Gruppen fkizziert und zwar Vogelzugsbeobacbtungen, praktifeben Vogel­febutz und Erforfcbung der wirtfcbaftlicben Rolle einzelner Vogelarten. Neben der Karte des mächtigen Vogelzug-Beobacbtungsnet}es von 1286 Stationen, erweckte eine Landkarte mit den von Ungarn aus füdwärts ftrablenartig verlaufenden Linien Intereffe, deren eine faft die füdlicbfte Spitje Afrikas erreicht. Sie ift die Flugrichtung eines jungen Storches, welcher in 1908 in Hidvég mit einem von der Zentrale gezeichneten Fußring verfehen, am 30. Januar 1909 in Seafortb (Natal) — Luftlinie 8600 Kilo­meter — erlegt wurde. In einer Vitrine fanden fich auch Dokumente diefer hochwichtigen Verfucbe: Fußringe ungarifeber Störche, welche man in Okonjati (Deutfcb-Siidweftafrika), Senekal (Oranje-Staat), Cana (Bafutoland) und Akfcber (Klein­afien) erlegt oder tot aufgefunden hatte — als unbeftreitbare Beweife, daß die Störche Ungarns, über Klein­afien ziehend, in Südafrika überwintern. Von den Buren werden fie dort »große Heufcbreckenvögel« genannt und als Vertilger der Heufchrecken bochgefcbätjt. Die zweiteGruppe enthielt die Hilfsmittel des praktifeben Vogelfcbut)es, ungarifcbe Modelle der v. Berlepfcben Niftböblen, vorwiegend zur Vermehrung der Meifenarten beftimmt, Niftmaterialien der wiebtigften Höblen­Waldobreule. »Ungatifcbes Jagdfcbloß. 99

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