Die Erste internationale Jagd-Ausstellung Wien, 1910. Wien-Leipzig, 1912 / Sz.Zs. 424
II. TEIL. Die Ausstellung und das Jagdwesen - II. ABSCHNITT. Die Jagd und deren Betrieb
Die Jagdtropbäen. Krone; unterhalb der Krone gehört der ganze untere Teil dem Edelhirfcbe an. Die linke Stange zeigt in der Krone den Edelhirfch, dagegen der darunter befindliche Teil den Maral, denn die Mittelfproffe ift hier ober der Mitte eingefügt und die fehr lange Eisfproffe zweigt unter einem fpi$en Winkel von der flugenfproffe ab. Daß die flugenfproffen hier drei- und zweifproffig find, ift auf eine Verlegung während der Baftzeit zurückzuführen. Die drei, mit je einem erften Preife ausgezeichneten Geweihe, die Se. Majeftät der König Friedrich fluguft III. vonSachfenin der Trophäenballe ausgeftellt hatte, ftammen aus freier Wildbahn. Das Erzgebirge fteht durch bewaldete Zwifchengebirge mit dem flltvatergebirge in Verbindung, in welches Mifchlingstypen des Maral hie und da einwechfeln und fo die ihnen innewohnenden Merkmale ihrer Ureltern übertragen können. Das Geweih jenes gefcbnitjten Kopfes, über dem nur ein Becher hing, ift in beiden abgeftuften Kronen ein Mifcbtypus des Edelbirfches mit dem Karpatenmaral. Bei der linken Stange gehört der ganze übrige Teil unter der abgeftuften Krone dem Edelhirfcbe an, denn die Mittelfproffe ift hier unterhalb der Mitte, die kleine Eisfproffe, mit der flugenfproffe parallel taufend, hoch eingefügt. Bei der rechten Stange ift es ebenfo, nur mit dem Unterfchiede, daß die tief angefetjte, unter einem fpit}en Winkel abzweigende, nur vor der Spitje hakig aufwärts gebogene Eisfproffe dem Maral entnommen ift. Das Geweih, das in der Mitte hing, gehört in feiner rechten Hälfte dem reinen Edelhirfcbe an; die linke Stange mit der fcbwacb abgeftuften Krone erlitt während der Entwicklung in der Gegend der Mittelfproffe einen Stoß, durch welchen die obere Stangenbälfte nach innen abgebogen wurde; dabei mag ein Gabeläftcben die in ihrer erften Anlage begriffene Mittelfproffe in drei Entwicklungszentren geteil haben. Dadurch, daß der Blutzufluß zu der oberen, abgeknickten Partie gehemmt war, konnten ficb alle drei Teilftücke der Mittelfproffe zu drei felbftändigen Sproffen entwickeln. Beimdritten Geweih, über welchemzwei Becher angebracht waren, betriebt ftark der Karpatenmaral-Typus vor. Die obere Hälfte der rechten Stange gehört ihm ganz an; in der linken Stange macht er ficb befonders in der tiefen äfeeslajar flusftellung Sr. Majeftät des Königs Friedrich fluguft III. von Sacfofen. flbftufung der Krone bemerkbar; nur der Seitenfortfatj der Oberfproffe ftammt vom Edelhirfch. Nicht minder lehrreich als die kapitalen Stücke aus der öftlichen Hälfte Europas waren die einfachen Stücke aus den übrigen Gebieten diefes Weltteiles. JmWeften Europas kommt nur der Edelhirfch vor. Huf die Stellung feiner zwei Kronenbälften gegen einander und auf die Richtung ihrer Sproffen wurden Raffen begründet. Diefe laffen ficb jedoch nur dort feftftellen, wo kein Zuwandern fremder Elemente oder keine beabfiebtigte Blutauffrifchung ftattgefunden bat. je weiter nach Weften, Norden und Süden die Verbreitungsgebiete des Edelbirfchen in Europa liegen, defto einfacher wird der Bau feiner Krone. Die dreizinkige Krone befteht dann aus einer gefpaltenen Oberfproffe, an die ficb in gleicher Höbe die fünfte Sproffe einfach anfügt. Wo es zu keiner Kronenbildung mehr kommen kann, bildet die vierte und fünfte Sproffe eine je nach Raffe verfebieden geftellte Endgabel. Die Tatfacbe, daß die Kronenentwicklung um fo geringer wird, je weiter nach Weften die Wohngebiete des Edelbirfchen liegen, gibt Antwort auf die fo oft geftellte Frage: Wo ift Frankreich mit feinen Trophäen geblieben? Mochten auch die im franzöfifeben jagdbaufe aufgehängten fieben Hirfcbgeweibe Parforcebirfcben, alfo Tiergartenbirfcben angehört haben, gewiß hätten auch die aus freier Wildbahn ftammenden Stücke ficb mit den ofteuropäifeben durchaus nicht meffen können. Aus demfelben Grunde waren wohl auch die Rbeinprovinzen, überhaupt ganz Weftdeutfcbland nicht vertreten. Hirfcbe, die mehr als zwölf Enden zählen, gehören dort zu den Ausnahmen. Die feebs Geweihe der aus freier Wildbahn ftammenden Küftenbirfcbe, die im Pavillon Norwegen ausgeftellt waren, ftammten wohl noch von den Nachkommen jener Hirfcbe ab, die einft Normannen auf den fkandinavifchen Halbinfeln ausgefegt haben follen. Da fie keinen Zuzug erfahren konnten, mußten fie zu einer Raffe berabfinken, die im ftarken Niedergange ftebt. fluch die aus Siidfcbweden ausgefeilten Geweihe konnten es augenfcbeinlicb, trot} fürforglicber Tiergartenpflege, nicht zu Kapitalftücken bringen. Italien eröffnete die Reibe feiner Hirfcbgeweibe mit einem fehr braven Zwölfender. Er führte aber zu viel Wapitiblut in ficb, als daß er als Italiener hätte gelten können. Dadurch hob er ficb fehr vorteilhaft von den echt italienifcben Hirfcbgeweiben ab, die meift ohne jede Eisfproffe waren, fluch fie konnten es zu keiner guten Kronenbildung bringen, da die birfcblofe Schweiz keinen Zuzug geftattet. Befonders febenswert war der fcbwache flebterbirfeb aus Sardinien, weil er einer dem flusfterben nahen, zwergbaften Infelform angehört. Die Krone war hier nur durch eine weit offene Endgabel vertreten. 13 II. Teil. 97