Die Erste internationale Jagd-Ausstellung Wien, 1910. Wien-Leipzig, 1912 / Sz.Zs. 424
II. TEIL. Die Ausstellung und das Jagdwesen - II. ABSCHNITT. Die Jagd und deren Betrieb
Die Jagdtropbäen. Möglichkeit geboten war, die Vorzüge beider Eltern zum Ausdrucke zu bringen, gehörten diefem Typus die kapitalften Stücke an. Das außerordentlich häufige Vorkommen diefer abgeftuften Krone berechtigt wieder zu dem Scbluffe, daß das dem Maral innewohnende Merkmal (B): »Fünfte Sproffe geitielt, dann erft geteilt« als dominierend gegenüber dem Merkmale des Edelbirfcbes (b): »Fünfte Sproffe auf gleicher Höbe mit der vierten eingefügt« anzuieben ift. Wer die Hirfcbe mit abgeftufter Krone, befonders jene in der Tropbäenballe näher unterfucbte, wird gefunden haben, daß unter ihnen wieder zwei Typen zu unterfcbeiden waren, wiewohl fie durch zahlreiche Zwifcbenglieder ineinander übergingen. Bei vielen Stücken war nämlich die geteilte vierte Sproffe eine weit ausgelegte, manchmal auch geftielte Gabel. Aucb der Stiel des hinteren Kronenteiles war hier nach außen gerichtet, eine Fortfetjung der ausgelegten Stangenrichtung bildend. Solche Geweihe machten fich durch ihre außerordentlich weite Auslage bemerkbar und waren deshalb bei den Kollektionen in der Tropbäenballe faft immer in der unterften Reibe zu finden. Der Edelbirfch und der Maral können folcbe Kreuzungsprodukte deshalb nicht liefern, weil bei beiden die vierte Sproffe nach vorn und der Stiel der fünften Sproffe gerade aufwärts gerichtet find, daher mußte unter den weit ausgelegten Geweiben wieder nach einem entiprecbenden Urtypus Umfcbau gehalten werden. Als der zugehörige Urtypus wurden Geweihe mit folgenden Merkmalen angenommen: Eine oft ftark nach abwärts gedrückte, ftark nach auswärts gekrümmte Augenfproffe, fo daß ihre Spitjen ziemlich weit auseinander ftanden; Eis-und Mittelfproffe febr nahe an der Augenfproffe eingefügt und nach außen gerichtet; die vierte ungeteilte Sproffe viel höher eingefügt, jedoch ebenfalls nach außen gewendet. Alle diefe vierSproffen haben ziemlich die Auslage einer Elcbfcbaufel, oft die eines Fächers. Ober der vierten Sproffe entwickelt felbftändig gewordenen Raffe bandeln. Es mag daher diefer Maraltypus als der »weftlicbe Maral« bezeichnet werden. Auch diefer Typus war mit dem Edelbirfch vielfach gekreuzt. Solche Mifcbtypen unterfcbieden fich von den vorher befprocbenen dadurch, daß bei ihnen die vierte geteilte Sproffe der abgeftuften Krone eine nach außen gerichtete Gabel war. Aucb hier war der Mifcbtypus häufiger als der angenommene Urtypus zu finden. Diefer Mifcbtypus ift als »Hirfcb mit abgeftufter und ausgelegter Krone« zu bezeichnen. Der Vergleich diefer gewonnenen Eindrücke mit der Theorie der Mendelfcben Gefe^e führt zu böcbft intereffanten Scbliiffen. Mendels Gefetje, auf die vierte und fünfte Sproffe bezogen, beftimmen für den Dibybridismus: Alle Kreuzungsprodukte des Edelbirfcbes (A b) mit dem Maral (aB) müffen in der erften Generation beide dominierenden Merkmale (A B), alfo eine abgeftufte Krone tragen. In der zweiten Generation haben im Verbältniffe 9:3:3:1 die Kombinationen zu erfcbeinen : Die abgeftufte Krone (A B), Edelbirfcbe (Ab), Maralbirfche (aB) und eine Neuheit (ab). Für die öftlicbe Hälfte Europas, wo diefe Kreuzungen in Betracht kommen, ftimmten die Tatfacben mit der Theorie überein. Wie kann man fich nun die Kombinationen (ab), die erfahrungsgemäß neue reine Raffen zu begründen imftande ift, vorftellen? Diefe Neuheit ift nichts anderes als ein Kronenbirfcb, der fich von einem europäifcben Edelbirfcbe dadurch unterfcheidet, daß bei ihm bei der erften dreifproffigen Krone nur eine Sproffe nach vorne ftebt und dahinter in der gleichen Höbe eine Gabel eingefügt ift. Bei komplizierten Formen find es jene Kronen, deren hintere Hälfte ftärker entwickelt ift als die vordere. Die Gegend von Gran, fiebe obige Figur, liefert folcbe kapitale Kronenbirfche. Da fowobl die Krone des Edelbirfcbes als aucb die geftielte, oft verbänderte obere Krone des echten Maral vielfproffig fein können, kann es bei Kombinationen zur Bildung von Becberkronen und Verbreiterungen kommen, wie folcbe häufig zu fehen waren. Inwieweit der Körperbau mit den Verfcbiedenbeiten der Geweibbildung zufammenbängt, in welchem Verwandtfchaftsgrade der Karpatenmaral zu dem Kaukafusmaral ftebt, konnte aus den Ausftellungsobjekten nicht ermittelt werden. Jäger aus der Bukowina wußten auch von Hirfcben von gedrungenem und geftrecktem Körperbau zu berichten. Es würde zu weit führen, wollte man auf alle Abftufungen der Mifcbtypen und deren Kreuzungsprodukte weiter eingeben, es fei jedoch das bisher Angeführte an einigen Kapitalgeweiben erläutert. DerRekordbirfch des Fürften Alfred Montenuovo aus Szalka-Tolnamegye, fiebe Seite 87 und 88, welcher unter 471 auserlefenen den Sieg davontrug, hatte folgende Maße: Stangenlänge rechts 116, links 118 Zentimeter, Stangenumfang über dem Augfproß rechts 22'5, links 23 Zentimeter, über dem Mittelfproß rechts 19'5, links 21 *5 Zentimeter; Rofenumfang rechts 30, links 30"5 Zentimeter; innere Lichte 68, Auslage 105 Zentimeter; Gewicht im jabre 1891 im frifcben Zuftand 14'5, zur Zeit der jagdausftellung 11 "25 Kilogramm. Diefer Hirfcb ftellt fich als ein Mifchling von einem Karpatenmaral mit einem Edelbirfcbe dar. Die rechte Stange bat die abgeftufte 96 fich auf einem mehr oder weniger langen nach außen gerichteten Stiele die verfcbieden geftaltete Krone, die in ihrer einfachen Form als eine Quergabel aufzufaffen ift. In den meiften Fällen ift die Innenfproffe diefer Endgabel ftarr nach innen gerichtet. Dadurch, daß die vierte Sproffe eine felbftändige, ungeteilte, von der ober ihr ftebenden Krone unabhängige ift, ftebt diefer Typus dem Maral nahe. Es dürfte fich hier um eine befondere, durch Mutation einer einft aus dem Karpatenmaral entftandenen, weftlicb von den Karpaten Kronenbirfcb aus der Umgebung von Gran.