Die Erste internationale Jagd-Ausstellung Wien, 1910. Wien-Leipzig, 1912 / Sz.Zs. 424

II. TEIL. Die Ausstellung und das Jagdwesen - I. ABSCHNITT. Volkswirtschaft und Jagd.

Das jagdliche Unterrichtsweíen. Zweiges ficb im Scboße der jagdausftellung mit überzeugender Kraft auf die Tagesordnung gedrängt, ficb eigentlich fcbon vollzogen bat und daß ficb die Jagdausftellung ein ganz befonderes Verdienft erworben bätte, wenn fie dies Kleinod der modernen Jägerei in dem ibm gewidmeten Ebrentempel als gefcbloffene und fyftematifcb geordnete Kollektivausftellung bätte vereinigen können. Man war ficb eben nicbt bewußt, zu welcb acbtungsgebietender Größe das Jagdunterricbtswefen fcbon berangewacbfen ift und welchen internationalen Glanz es zu entfalten berufen gewefen wäre. Die nebenfächlicb untergeordnete Stellung und die ftiefmütterlicbe Behandlung des Jagdunterricbtes an den Forftlebrinftituten jedweden Ranges entfpricbt der beutigen Bedeutung der Jagd im modernen Kultur­ftaate nicbt mehr. Wie im praktifcben Wirtfcbaftsbetrieb, fo haben auch in den Schulen die forftlicben Agenden die jagdlichen mehr und mehr zurückgedrängt; die ausfcbließlicbe Inanfprucbnabme mit forftwirtfcbaftlicben Fragen läßt auch dem Pfleger des Waldes keine Zeit mehr zu jagdlicher Betätigung, der Forftmann wird — zum Unglück für Jagd und Wald zugleich — dem Weidwerk immer mehr entfremdet und an den Forftlebrinftituten ift die Dotierung der Jagd in den Lebrplänen meift auf ein zweiftündiges Wocbenpenfum in einem einzigen Semefter berabgedrückt. Was das bei dem gewaltigen Stoffe, den der wiffenfcbaftlicb gebildete Jäger beute in ficb aufnehmen foll, bedeutet, das bedarf wahrlich einer näheren Erörterung nicbt. jeder Lehrer weiß, daß diefes minimale Zeitausmaß abfolut nicbt einmal ausreicht, um den praktifcben Jagdbetrieb im allerengften Sinne des Wortes in feiner Anwendung auf die wicbtigften Repräfentanten der hoben und niederen Jagd erfcböpfend durchzuarbeiten, gefchweige denn in das wichtige Gebiet der zahlreichen jagdwiffenfcbaftlicben Spezialfächer nur oberflächlich einzutreten. Wenn die zoologifch wiffenfcbaftlicbe Forfcbung in vollkommen berechtigter Weife immer dringender an die werktätige Mitwirkung der Jägerei appelliert, die übrigens von einficbtigen Jägern als ganz felbftverftändlicb fcbon längft und ebenfo gern als ergiebig gewährt wird, wenn vom Jäger ver­langt wird, daß er im Dienfte der Wiffenfchaft, im Intereffe der Poefie des Waldes und der Naturäftbetik an großen Aufgaben mitwirken und dabei mancherlei Vergnügungen entbehren foll, die ja felbft in echt weidmännifcben Allüren einberfcbreitend, doch nicht immer mit der etbifcb-bocbftrebenden Naturfcbut}bewegung in glücklicher Übereinftimmung fteben, fo muß dem Jäger doch offenbar auch die Gelegenheit geboten werden, ficb in tieferen wiffenfchaftlicben Studien das Rüftzeug zu holen, welches allein für die Löfung diefer hoben Aufgaben erzieht und befähigt. Dazu kann untere beutige Unterricbtsorganifation unmöglich genügen. Es ift hoch an der Zeit, ifolierte Jagdakademien mit einjährigem Lebrkurfus zu begründen oder aber jagdwiffenfchaftlicbe Spezialkurfe in lofer Verbindung mit den Forftlebrinftituten zu errichten, welche im erften Semefter ganz nach dem Lehr­gänge des forftlicben Unterrichtes die grundlegenden Wiffenfcbaften, im zweiten den Jagdbetrieb und die auf der Jagd angewandten oder eigentlich jagdfacblicben Wiffenfcbaften zu tradieren hätten. Aus diefen Geficbtspunkten beleuchtet, haben wir fonacb die großen Erfolge und hoben Verdienfte der Jagdausftellung ebenfo auf induftriellem, gewerblichem und wirtfcbaftlicbem, wie auf etbifchem und natur-­äftbetifcbem Gebiete zu fuchen und welchen gedeihlichen Umfang die Errungenfcbaften in le^terer Richtung annehmen, das werden wir wobl am klarften inne, wenn wir hervorheben, daß fie den breiten Schichten der Bevölkerung die wirtfcbaftlicbe Bedeutung der Jagd vor Augen geführt, die alten, leider aber in ftändiger Erkaltung begriffenen Sympathien des Volkes wieder neubelebt und gefertigt bat. Sie bat nicbt allein bewiefen, daß der gefunde Sinn fpeziell auch der öfterreicbifcben Völkerfcbaften ohne Unterfcbied der Nationalitäten treu und feft zum grünen Banner ftebt und daß die altangeftammte Liebe zur Natur, zur belebten Natur, das innige Verwobenfein des Volkslebens mit dem frifcben, frohen Tun der jagd von neuem geftäblt, beziebungs­weife in der jüngften Generation geweckt ift, nein, die Erfte Internationale Jagdausftellung kann auch das hohe Verdienft für ficb in Anfprucb nehmen, daß fie Öfterreicbs biftorifch-glanzvolle Fübrerrolle auf dem Gebiete der Jagdentwicklung von neuem wieder dargetan und beftätigt bat, daß fie in dem mächtigen Impuls zur Organifation des felbftändigen, von der nicbt mehr zeitgemäßen Gefolgfcbaft der Waldwirtfcbaftslebre losgelöften Jagdunterricbtes gegeben, den Jagdunterricbt felbft aus ihrem Schöße geboren bat. Und an der Wiege des-­felben ftand die hehre Geftalt des Allergrößten Jägerkaifers aller Zeiten Franz Jofepb I. 47

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