Gertrude Enderle-Burcel, Dieter Stiefel, Alice Teichova (Hrsg.): Sonderband 9. „Zarte Bande” – Österreich und die europäischen planwirtschaftlichen Länder / „Delicate Relationships” – Austria and Europe’s Planned Economies (2006)

Gertrude Enderle-Burcel: Josef Dobretsberger - ein politischer Grenzgänger im Ost-West-Handel

das neben einer trotzkistischen und einer nationalsozialistischen (sic!) Publikation auch „Polen in Wort und Bild“ sowie das Organ einer kommunistischen Tarnorganisation, „Der parteifreie Gewerkschafter“, herausgibt.86 Nach dem Tod Dobretsbergers scheint ab Juni 1970 Dr. Helmut Rockh als Verantwortlicher für den Inhalt auf. Er war schon 1952 im Proponentenkomitee bei der Vereinsgründung, scheint aber danach in keinem Vorstand mehr auf. Als Eigen­tümer, Herausgeber und Verleger füngiert nun der Verein „Österreichisches Büro für den Ost-West-Handel“. Seit der Gründung war Dr. Helene Legradi, Sekretärin - wohl im Sinne von geschäftsführende Sekretärin - und Vorstandsmitglied. Sie wurde als „die Seele dieses Unternehmens“ bezeichnet.87 Von ihr stammt auch eine Schilderung der Anfangstätigkeiten des Büros.88 1989 - in der letzten Nummer der Mitteilungen - scheint sie im Vorstand noch als Ehrenmitglied auf.89 Über Karteikarten im Bestand des Innenministeriums des Archivs der Republik können die Vorstandsmitglieder bis 1970 erfasst werden. Die dazugehörenden Akten liegen aber noch in der Vereinsbehörde bei der Bundespolizeidirektion Wien und sind für die Benützung gesperrt. Im Proponentenkomitee scheinen 1952 auf: Josef Dobretsberger, Ing. Egon Strager, Dr. Helmuth Rockh, Ing. Karl Kober, Kurt Podliessnig. Im ersten Vorstand 1952 finden sich: Josef Dobretsberger (Vorsitzender), Ing. Egon Strager (Stellvertreter), DDr. Helene Legradi (Kassier), Eduard Gold, Alexander Fuchs, Ernst Fürst, Josef Knirsch. Zu einzelnen Vorstandsmitgliedern gibt es einige wenige Hinweise. Ein Mann der ersten Stunde war Ing. Egon Strager, Alleininhaber der MAW, Maschinen-, Apparate- und Werkzeugfabrik Wien, bzw. der Leobersdorfer Maschinenfabrik. Er war schon in der Ersten Republik im so genannten „Russengeschäft“ vertreten.90 Strager war Mitglied der Delegation, die 1952 nach Moskau reiste und Mitglied der ersten, 1956 gemeinsam mit der Vereinigung Österreichischer Industrieller organisierten Delegation nach China. Bei seinem Tod 1964 war er Vizepräsident des Vereines.91 Eduard Gold war nach 1945 mit Kurt Menasse in der so genannten Orientabteilung der Länderbank tätig, die aber auf Druck der USA bald aufgelöst werden musste.92 Anlässlich seines Ablebens wurde Josef Dobretsberger - ein politischer Grenzgänger im Ost-West-Handel 86 Sager, Peter: Getarnte Firmen. Der Kommunistische Wirtschaftskrieg in Österreich. Bern 1962, S. 20. 87 Mitteilungen, Nr. 4, Dezember 1977, Jahrgang 26, S. 1, „Fünfundzwanzig Jahre Österreichisches Büro für den Ost-West-Handel“, Zitat S. 2. 88 Legradi : Marco Polo, S. 19-22. 89 Mitteilungen, Nr. 3, September 1989, Jahrgang 38, S. 2. 90 Legradi, Marco Polo, S. 13, Mitteilungen, Nr. 6, Juni/Juli 1952, „Ein Delegierter zur Moskauer Wirtschaftskonferenz über die Praxis des Rußlandgeschäftes.“ 91 Mitteilungen, Nr. 4, Anfang Dezember 1964, Jahrgang 13, S. 2 „Unser Vizepräsident Ing. Egon Strager gestorben“. 92 Information im Gespräch mit Kurt Menasse. 147

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