Gertrude Enderle-Burcel, Dieter Stiefel, Alice Teichova (Hrsg.): Sonderband 9. „Zarte Bande” – Österreich und die europäischen planwirtschaftlichen Länder / „Delicate Relationships” – Austria and Europe’s Planned Economies (2006)
Andreas Resch: Die Außenhandelsbeziehungen zwischen dem RGW-Raum und Österreich in der Nachkriegszeit - dargestellt im Spiegel der österreichischen Außenhandelsstatistik
Andreas Resch später für drei Jahre vor. Im dazugehörigen Zahlungsabkommen wurde die bilaterale Verrechnung auf Basis von Clearing und Verrechnungsdollars vereinbart. Sowohl im Staatsvertrag vom 15. Mai 1955 als auch im Handelsvertrag mit der UdSSR waren Antidiskriminierungsbestimmungen enthalten, die der Einbindung Österreichs in die westlichen Embargomaßnahmen entgegenstanden.12 Die Verträge mit der Sowjetunion leiteten generell das Ende der Ära der einjährigen Handelsverträge mit den RGW-Staaten ein. Die Kontakte aus der USIA-Zeit, die vom westlichen Embargodruck während der Marshallplan-Jahre nicht betroffen gewesen waren, und die zufrieden stellende Erfüllung der Verträge aus 1955 brachten Österreich einen Marktvorsprung in der UdSSR und den anderen RGW-Staaten. Österreich baute neben Finnland „spezielle“ Beziehungen auf und wies den zweithöchsten Osthandelsanteil aller europäischen Länder auf. Die österreichischen Importe aus dem RGW-Raum wuchsen bis 1963 tendenziell rascher als die Gesamteinfuhren, der Anteil der RGW-Exporte an allen österreichischen Ausfuhren nahm sogar bis 1967 zu. Im sowjetischen Block setzte nach dem Tode Stalins eine allmähliche Klärung der Aufgaben ein, die dem RGW zukommen sollten. Erst 1959, zehn Jahre nach der Gründung, wurden RGW-Satzungen verabschiedet, die Ziele, Prinzipen, Funktionen und Vollmachten der Organisation definierten.13 Am 17. Juni 1962 wurden im Rahmen eines Gipfeltreffens der RGW-Mitglieder die „Grundprinzipien der internationalen sozialistischen Arbeitsteilung“ beschlossen. Man wollte nunmehr eine gewisse Koordinierung der Wirtschaftspläne erreichen und die „internationale Spezialisierung der Produktion und der komplexen (mehrseitigen) Entwicklung der Wirtschaft der einzelnen sozialistischen Länder im Interesse der vollsten und zweckmäßigsten Ausnützung der natürlichen und ökonomischen Voraussetzungen der Produktion einschließlich der Arbeitskräftereserven fördern“.14 Vor allem die DDR, Ungarn, Polen und die Tschechoslowakei setzten verstärkt auf einen reformerischen Kurs, der auch mit einer Ausweitung des Westhandels verbunden war. In der Tschechoslowakei führten die Reformbestrebungen im Jahr 1968 zum „Prager Frühling“, der im August desselben Jahres seitens des Warschauer Pakts mit Waffengewalt niedergeworfen wurde.15 Der Außenhandel der RGW-Staaten mit Österreich wurde die 1960er Jahre hindurch weiterhin grundsätzlich auf bilateraler Ebene abgewickelt. Es kam jedoch zu einer gewissen Weiterentwicklung der Vertragsbeziehungen. Während die Sowjetunion schon infolge des Handelsvertrages von 1955 nach Österreich zu GATT-Zollsätzen liefern durfte, wurde den anderen RGW-Staaten Seitz: Österreichs Außenhandel, S. 104. Ziemer: Sozialistische Systeme, S. 386. Z w a s s : Der Rat für Gegenseitige Wirtschaftshilfe, S. 39. Teichova, Alice: Wirtschaftsgeschichte der Tschechoslowakei 1918-1980. Wien-Köln-Graz 1988, S. 128. 44