Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)

† Peter Gasser: Karl VI., Triest und die Venezianer

Peter Gasser Grenna mit der Begründung ab, daß es der Kaufmannschaft eher Verwirrung als Klarheit bringe. Von der Zolltarifordnung war eine Steigerung kaiserlicher Vorrechte in der Ver­bindung mit der Einfuhr vieler bisher nicht gebräuchlicher Artikel zu erwarten. Stefano Grenna sah hier eine auf die mögliche Bildung neuer Regale hinzielende Entwicklung voraus, als deren Ergebnis ein Aufblühen des Gewerbes und damit auch ergiebige Einnahmequellen für das Ärar erwartet werden konnten. Endlich prophe­zeite der Triestiner Merkantilist den Kaufleuten aufgrund der Zolltarifneuregelung einen gesteigerten Warenverkehr bei gleichzeitiger Reduzierung der Frachtspesen, da der gegenwärtige Tages-Fuhrlohn von durchschnittlich 4 Gulden pro 100 Pfund Warengewicht, bei sichergestellter Rückladung, auf 3 Gulden gesenkt werden könn­te. Durch Überprüfung der an den Zollhaupt- und Nebenstellen aufliegenden Ver­zeichnisse aller ein- und ausgeführten Roh- und Fertigwaren glaubte Grenna Ein- und Ausfallsstraßen der gebräuchlisten Produkte klar ermitteln und im Vergleich von Fuhr- und Speditionskosten Zweckmäßigkeit der erbländischen Ex- und Importe über Triest beweisen zu können. Diese Erkenntnis müßte dann nach Grenna die Handelsleute zur Errichtung von Speditionshäusern in Triest animieren, wo mit der Zeit Bedingungen wie in Venedig geschaffen werden könnten117. Grennas Denkschrift Sodo sistema übt scharfe Kritik an der kurzsichtigen Zoll­politik der Triestiner Gemeinde. Der Stadtverwaltung wird vorgeworfen, in der Ver­gangenheit nichts für den Ausbau ihres Handels und Gewerbes unternommen zu haben, und daß sie ferner in kleinlicher Auslegung ihres Zollprivilegs wohl jährlich einige tausend Gulden einnehme, in engstirniger Kurzsichtigkeit die Entwicklung des commercium jedoch unterbinde118. Grenna führt als Beispiel die Fisch- und Öleinfuhren an. Bei den eingeführten, gekochten, frischen oder gepökelten, für den Konsum in der Stadt und dem zu ihr gehörigen Territorium bestimmten Fischen werde an Abgaben der zwölfte Teil des vollen Verkaufspreises einbehalten. Das gleichfalls eingeführte und, soweit in Triest selbst konsumiert, den Bestimmungen des Porto franco nicht unterliegende Olivenöl werde vor der Freigabe aufgrund einer städtischen Verordnung von Gemeindebeauftragten auf Menge und Güte überprüft. Dieses Verfahren bringe aber eine untragbare Verteuerung des Öls für die Konsu­menten, da in der Regel 2 Heller pro oma (ungefähr 50 Liter) an Zoll und derselbe Betrag an Verwaltungsabgabe für die vorgeschriebene Mengenmessung vorgesehen sei. Statutengemäß würden in Triest die städtischen Zölle an die meistbietenden, in der Regel an Gemeinderäte und deren Protégés verpachtet. Auf die Gemeinderäte ist Stefano Grenna, verächtlich nennt er sie „publicani“, nicht gut zu sprechen, da sie, 117 HHStA Wien, Österreichische Akten, Triest-Istrien, Fasz. 9, fol. 102" „... ed animarlo (il corpo mercanti­le) ad investire una fiorita Negoziazione, anche confïssare Case di Traffico nelli detti Litorali, ove senza dubbio si puô fare tutto quello che al presente fanno li Veneziani.“ 118 Ebenda, fol. 58” „La Città di Trieste ugualmente parve non volesse nelle passate età aprir seno di Com­mercio, dall’aver Ella nel corpo de suoi statuti una quantité di Datzii atti a rapezzar le rendite alcuni poc- chi milla Fiorini ...“. 72

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