Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)

† Peter Gasser: Karl VI., Triest und die Venezianer

Peter Gasser dels- und Schiffahrtsangelegenheiten, mit anderen Worten die Schaffung eines Han­dels- und Seegerichtes befürworteten. Man erwartete in Wien, daß die Niederländer künftighin die Erzeugnisse der alt­bewährten erbländischen Eisenindustrie aus Triest beziehen und ihrerseits in die Adriastadt vor allem englische und holländische Ganz- und Halbseidenwaren ein- fuhren würden. So rechnete man auch auf Grund des gesteigerten Warenverkehrs mit höheren Einnahmen des Fiskus und nahm, bei gleichzeitiger Einführung niedri­gerer Mautsätze, den billigen Ankauf der innerösterreichischen Produktionsgüter in Triest als bereits gesichert an, und man erwartete für den bürgerlichen Kaufmann einen schönen Handelsgewinn und für den bäuerlichen Fuhrmann, auf die allerdings noch zu erbauenden Straßen, einen reichen Speditionslohn. Der merkantilistische Grundsatz von dem Gelde, das im Lande zu verbleiben hätte, schien auf diese Art glänzend verwirklicht. Die Ostender und Antwerpener zeigten jedoch geringe Bereitwilligkeit sich unter den obwaltenden Voraussetzungen mit dem handelsstarken Venedig in einen aus­sichtslosen Konkurrenzkampf einzulassen, und um nur auf ein Beispiel der zwischen Plänen, Wollen und Durchführung bestehenden Diskrepanz hinzuweisen, dürfte die Feststellung genügen, daß erst in den letzten Regierungsjahren Kaiser Leopolds I. Anordnungen zur Ausbaggerung des nunmehr gänzlich unbenützbar gewordenen Triester Hafens erfolgten. Die Zurückhaltung der Niederländer war daher unter die­sen Umständen verständlich. 1689 hatte sich der Kaiser mit den Generalstaaten im Prinzip über die Einleitung eines Transithandelsverkehrs auf breiter Basis nach der Türkei und deren Nebenlän- dem am Schwarzen und Roten Meer geeinigt. Die Ansichten der Vertragspartner gingen jedoch auseinander, als an die Festsetzung der diesbezüglichen Durchfüh­rungsmodalitäten geschritten werden sollte. Beharrten einerseits die Holländer auf der Wahl des Donauweges, war Leopold andererseits bestrebt, die innerösterreichi­schen Erblande einschließlich Triests und Ungarns aus ihrer kommerziellen Isolie­rung unter gleichzeitiger Durchbrechung des venezianischen Adriamonopols zu befreien. Nicht auf die Donau allein, vielmehr auf die Adria setzte der Herrscher seine größten Hoffnungen für die künftigen Handelsbeziehungen mit der Levante. Leopolds letzte Regierungsjahre wurden durch den Konflikt um das spanische Er­be überschattet, der auch weitere Schritte im Zusammenhang mit der geplanten Einbeziehung der Niederländer in den österreichischen Adriahandel verhinderte. Seine Regierung traf nur im bescheidenen Umfang militärische Maßnahmen zum Küstenschutze. So war es 1702 möglich, daß der französische Admiral Claude For- bin Stadt und Hafen nahezu unbehelligt unter Geschützfeuer nehmen konnte. Die Spuren dieser Kanonade waren noch im Jahre 1730 sichtbar. Während seiner kurzen Regierungszeit blieb auch Josef I. bei der vorherrschenden Meinung, die eine ge­deihliche Entwicklung Triests nur unter Zuziehung niederländischer Merkantil­initiative für möglich hielt. Sein Bruder und Nachfolger Karl hat diese Ansicht nicht vollinhaltlich geteilt. Wenn auch er in dem niederländischen Handelsmann einen der geeignetsten Fakto­32

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