Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)
† Peter Gasser: Karl VI., Triest und die Venezianer
Karl VI., Triest und die Venezianer kannte, führte in der Praxis zu keiner Veränderung der Machtverhältnisse im Golf. So bot u. a. das leidige Salzproblem immer wieder Grund zu Streitigkeiten. 1625 verlangte Venedig den Abbruch des Triestiner Salzhandels und die Auflassung der dortigen Salzgärten mit der Begründung, daß „obgesagte Saliera inen und iren Un- terthanen ganz schädlich und auch wider die etwan mit den hochlöblichen Hauß Österreich disseits verglichen und eingegangene Compactata“ wären5. Österreich erfüllte diese Forderung nicht, zumal sich dieser Handelszweig günstig angelassen hatte und ungeachtet der von der Republik erlassenen Verbote auch die Bewohner der benachbarten venezianischen Städte Capodistria und Isola (Izola) ihren Salzbedarf in Triest deckten. Einer Blockade blieb, da der venezianische Senat einen neuen bewaffneten Konflikt scheute, der beabsichtigte unmittelbare Erfolg versagt. Erst durch die in der Folge angelegten Salzgärten in Capodistria, deren Ertrag den der Triestiner Saline bei weitem übertraf, erlitt der österreichische Salzhandel empfindliche Einbußen, so festigte sich abermals in der nördlichen Adria das bereits erschütterte venezianische Salzmonopol. Im Laufe des 16. Jahrhunderts war das Übergewicht zur See, als Ergebnis der großen Entdeckungsfahrten, auf die Nationen Westeuropas übergegangen. Hatten im 15. Jahrhundert der venezianische Admiral und der venezianische Kaufmann ihre Vorherrschaft im östlichen Mittelmeer noch nahezu unangefochten ausgeübt und diese erst nach langem blutigen Kampfe dem Halbmond überlassen, so stieß nun auch der iberische, der niederländische, der französische und der englische Kauffahrer in die Räume der Levante vor. Das Ergebnis dieser Entwicklung war, daß das in die Adria zurückgedrängte Venedig mit allen Mitteln an dem Mythos seines „Dominium culfi“ auch dann noch festhielt, als es im entscheidenden Abwehrkampf gegen die Hohe Pforte, auf Gedeih und Verderb auf den Kaiser angewiesen und seine Außenpolitik der österreichischen angleichen mußte. Seit dem Jahre 1645 berannten die Osmanen eines der letzten venezianischen Bollwerke in der Levante - Candia (Kreta). Ungeachtet ihrer vortrefflichen Diplomatie stand die Serenissima den nahezu 25 Jahre andauernden Kampf bis zum bitteren Ende allein durch. Das politische Spiel der europäischen Mächte nahm auf venezianische Belange kaum Rücksicht. Von Spanien und Frankreich war offizielle Hilfe nicht zu erwarten, die vom Papst gewährte Unterstützung blieb unzureichend und Kaiser Leopold I., seit 1661 in Üngarn selbst im Kampf gegen die Türken, sah in diesem Nebenkriegsschauplatz, der beträchtliche Teil des feindlichen Heeres von Ungarn abzog, eine Entlastung seiner eigenen prekären Lage. Der zwischen Leopold I. und der Pforte zu Eisenburg geschlossene Friede leitete die Endphase der Kämpfe um Kreta ein. Der umsichtig maßvolle Großvesir Achmed Köprülli war im Jahre 1674 gestorben. Unter seinem Nachfolger Kara Mustapha schwanden die Hoffnungen auf eine Fortdauer des Friedens. Die Frage war, ob der Kaiser, falls er gegen die Türken siegreich bleiben sollte, auch weiterhin Venedigs Vorrechte in der nördlichen Adria respektieren wollte und ob die Republik aus eige5 HHStA Wien, Österreichische Akten, Triest-Istrien, Fasz. 6, fol. 535 27