Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)

† Peter Gasser: Karl VI., Triest und die Venezianer

Peter Gasser Was 1369 noch undurchführbar gewesen, gelang 13 Jahre später. Am 30. September 1382 fand Herzog Leopold III. sich nur allzu gern bereit, Triest den erbetenen Schutz zu gewähren. Beiden Vertragspartnern war mit dem feierlichen Austausch der Urkunden in der Burg zu Graz gedient. Eine wirkliche Selbständigkeit hätte der auf seine bescheide­nen Kräfte angewiesene kleine Stadtstaat auf die Dauer nicht zu behaupten ver­mocht. Ein mächtiger Schutzherr war für Triest ebenso unerläßlich, wie der An­schluß an ein genügend besiedeltes Hinterland. Die Stadt räumte ihrem Schutzhelm die in solchen Fällen üblichen Rechte ein und erhielt dafür Aufrechterhaltung ihrer Verfassung, weitgehende Selbstverwaltung und Schutz gegen äußere Feinde zugesi­chert. Die gewährte Unabhängigkeit war weitgehend und das italienische Stadtbürgertum vermochte daher auch in späterer Zeit erfolgreich die Eingliederung der Gemeinde in das Land Krain zu verhindern. Als Lehensherrn von Duino und als Schutzherrn von Triest hatten somit die Herzoge von Österreich einer durchgehenden Landver­bindung der Venezianer über Friaul nach ihrem westistrischen Küstenstützpunkten einen Riegel vorgeschoben. Schutz gegen äußere Feinde, worunter nur Venedig gemeint sein konnte, vermoch­ten die Habsburger Triest zu gewähren. Mehr konnten auch sie zunächst nicht tun. Die Übernahme der Schutzherrschaft durch Österreich mit dem Beginn einer konti­nuierlichen wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung des Seeplatzes zu verbinden, wäre falsch oder zumindest stark übertrieben. Ohne Zweifel brachte die habsburgische Rückendeckung der Stadt manchen Vorteil. Eine bescheidene merkantil-maritime Betätigung fand allerdings nur in dem Umfange statt, als es die Venezianer für ihr Adriamonopol noch tragbar hielten. Die österreichischen Herzoge verfügten nicht über die notwendigen Seestreitkräfte, um die Entfaltung eines wirklichen Seehandels von Triest aus zu erzwingen. Überschritt Triest den zulässigen Wirkungskreis, wurde es von Venedig mit mili­tärischer Gewalt in die Schranken gewiesen. Immerhin konnte Triest durch die ma­terielle und moralische Unterstützung Habsburgs die äußersten Gefahren abwenden und sich ab 22. Februar 1466, zum Lohn für die gezeigte Standhaftigkeit, mit dem Titel „allergetreueste Stadt“ zieren. An eine Lösung der mit der Übernahme der Schirmherrschaft über Triest verbun­denen wirtschaftlichen Probleme konnte das noch nicht geeinte Haus Habsburg auch im 15. Jahrhundert nicht schreiten. Seine Bemühungen beschränkten sich daher nur auf die Konsolidierung des bereits Erworbenen. Venedig hatte in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts seine Macht in Nordistri­en beträchtlich ausgedehnt und seine politischen Kräfte in der Folge nicht mehr ausschließlich auf die Beherrschung der Meere, sondern auch auf die Bildung einer territorialen Machtbasis ausgerichtet. Dieser neuen Politik der „Terra ferma“ fiel u. a. auch das Patriarchat von Aquileia zum Opfer. Nur die Städte Aquileia, San Vito und San Daniele gestand die Republik 1415 dem Patriarchen, dessen Länderei­20

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