Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)
Thomas Winkelbauer: Finanznot und Friedenssehnsucht. Der Kaiserhof im Jahre 1645
Thomas Winkelbauer Kaiser Ferdinand III., der ja zugleich Reichsoberhaupt und Haupt der deutschen Linie der Casa de Austria war, zog sich mehr und mehr aus der Reichspolitik zurück - freilich nicht freiwillig, sondern vielmehr unter dem Eindruck, auch von den letzten kaisertreuen Reichsständen (1645 Sachsen, 1647 Bayern) verlassen worden zu sein. Erst auf dem Regensburger Reichstag von 1653/54, dessen Beratungen er allerdings ziemlich abrupt abbrach, betrat der Kaiser wieder die Arena der Reichspolitik* 96. Er widmete aber in Hinkunft, ebenso wie sein Sohn und Nachfolger Leopold I. und wohl nicht zuletzt nach dem Vorbild seines Schwagers Maximilian von Bayern, sein Hauptinteresse den Erbländem97. Hier (und nur hier) war die Machtstellung des Kaisers nach dem Westfälischen Frieden sogar deutlich größer als vor 161898. Insofern brachte das Jahr 1645 auch einen wichtigen Schritt in Richtung auf die „Monarchia Austriaca“ Leopolds I. und Karls VI. habsburgischen Linien, vgl. u. a. Immler: Maximilian I., S. 363-374; Dickmann: Frieden, S. 259-273 und 477-488; Ruppert: Politik, S. 352-355; Repgen: Ferdinand III., S. 159 f. 96 Vgl. Press, Volker: Die kaiserliche Stellung im Reich zwischen 1648 und 1740 - Versuch einer Neubewertung. In: Schmidt, Georg (Hrsg.): Stände und Gesellschaft im Alten Reich. Stuttgart 1989, S. 51-80; derselbe: Österreichische Großmachtbildung und Reichsverfassung. Zur kaiserlichen Stellung nach 1648. In: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung 98 (1990), S. 131-154; Müller, Andreas: Der Regensburger Reichstag von 1653/54. Eine Studie zur Entwicklung des Alten Reiches nach dem Westfalischen Frieden. Frankfurt a. M.-Bem-New York-Paris 1992 (Europäische Hochschulschriften, Reihe III, Bd. 511). 97 Toegel: Bitva, S. 301. 98 Volker Press bezeichnete die Friedensinstrumente von Münster und Osnabrück mit Recht als „Totenschein für die zerschlagene evangelische Ständeopposition der Erblande“. Press: Großmachtbildung, S. 134. 15