Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)
Thomas Winkelbauer: Finanznot und Friedenssehnsucht. Der Kaiserhof im Jahre 1645
; Im November 1645 erfuhr Ferdinand III. von der endgültigen Vergeblichkeit der Bemühungen seines spanischen Gesandten Francesco Carretto, Marchese di Grana, um spanische Subsidien57, nachdem Philipp IV. von Spanien bereits am 22. Juni 1645 mitgeteilt hatte, daß er keine Subsidien mehr gewähren könne58. Auch an Papst Innozenz X. wandte sich der Kaiser vergeblich um eine Geldunterstützung59. Immerhin versprach wenigstens der polnische König Wladislaw IV. für die Verpfändung der schlesischen Fürstentümer Oppeln und Ratibor60 bedeutende Geldzahlungen61. Ende Juli 1645 überließ der Kaiser seinem Bruder Leopold Wilhelm „zu be- streittung der kriegsnotturffien“ von den insgesamt 600 000 Gulden zwei Drittel, also 400 000 Gulden62 63. Die Auszahlung dieser Gelder erfolgte aber erst ab dem 4. Oktober 1645“ Bis zum 26. Oktober waren dann von den polnischen Geldern immerhin 430 726 fl. bereits angewiesen und ausgezahlt64. Zur Kriegsfmanzierung wurden auch in den einzelnen Ländern verschiedene Aufschläge auf Lebensmittel sowie Vermögenssteuern neu eingeführt. In den niederösterreichischen Landesvierteln ober und unter dem Wienerwald beispielsweise wurde mit Einwilligung der Stände die raschestmögliche Zahlung von 15 Kreuzern je Eimer Wein in die Kasse des Feldkriegszahlamts befohlen. Zu diesem Zweck wurden „verordnete Personen“ vereidigt, die alle Weinkeller zu inspizieren und die eingelagerten Weine zu „beschreiben“ hatten65. Bis zum 14. Oktober 1645 gingen unter diesem Titel in Wien und seinen Vorstädten 72 978 fl. ein; die Außenstände beliefen sich auf 25 372 fl.66. Im Juni 1645 waren im Königreich Böhmen von einer vom Landtag bewilligten Vermögenssteuer bzw. Zwangsanleihe der Geistlichkeit, des Herren- und des Ritterstands, der kaiserlichen Beamten, des Bürgerstands und der Judenschaft in der Höhe von 79 785 fl. immerhin 48 052 fl. bereits eingegangen67. Jedoch noch Anfang Juli Finanznot und Friedenssehnsucht. Der Kaiserhof im Jahre 1645 57 Ruppert: Politik, S. 134 Anm. 304. In Wilhelm von Slavatas Gutachten vom 7. Jänner 1645 heißt es lapidar: „Der könig in Hispanien hat mit sich selbst mehr alß genungzu thun.“ Ebenda, S. 372. 58 Mecenseffy, Grete: Habsburger im 17. Jahrhundert. Die Beziehungen der Höfe von Wien und Madrid während des Dreißigjährigen Krieges. In: Archiv ftir österreichische Geschichte 121 (1955), S. 1-91, hier 76; Broucek: Schwedenfeldzug, S. 23. 59 Huber, Alfons: Geschichte Österreichs, Bd. 5: Von 1606 bis 1648. Gotha 1896, S. 569; Broucek: Schwedenfeldzug, S. 13. 60 Vgl. Weczerka, Hugo (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten: Schlesien. Stuttgart 1977, S. 383 und 427. 61 Ruppert: Politik, S. 84 f.; Broucek: Schwedenfeldzug, S. 13. 62 HKA Wien, HolFmanz, rote Nr. 299, Konv. August 1645, Dankschreiben Leopold Wilhelms an Ferdinand III., Theben, 5. August 1645 (Ausfertigung). 63 Broucek: Bedrohung Wiens, S. 142 Anm. 87. 64 HKA Wien, Hoffinanz, rote Nr. 300, Konv. November 1645. 65 Ebenda, rote Nr. 298, Konv. März 1645, Entwurf eines kaiserlichen Patents, Wien, 28. März 1645 (mit Vermerk: „Diser patent sein 150 exemplar getruckht worden.“). 66 Ebenda, rote Nr. 300, Konv. November 1645, „Summari-extract der inn- und vor der statt Wienn [...] beschribnen wein, was ann dem neuen aufschlag bis auf den 14. October a. 1645 bezalt unnd noch restirt“ (Beilage A zu einem undatierten Gutachten der anwesenden Hofkammerräte an den Kaiser). 67 Ebenda, rote Nr. 298, Konv. Juni 1645, „Extract, was im königreich Böheimb an dariehen einkomen [. ..]“, s. d. Vgl. Li va (Bearb.): Prameny, Teil 7, S. 11, 389, 425 und öfter. 10