Sonderband 3. „wir aber aus unsern vorhero sehr erschöpfften camergeföllen nicht hernemben khönnen…” – Beiträge zur österreichischen Wirtschafts- und Finanzgeschichte vom 17. bis zum 20. Jahrhundert (1997)

Thomas Winkelbauer: Finanznot und Friedenssehnsucht. Der Kaiserhof im Jahre 1645

nothwendig bedienen müessen“43. Die niederösterreichischen Stände bewilligten daraufhin am 23. Jänner 1645 die doppelte Gült (138 000 fl.) und darüberhinaus als außerordentliche Geldhilfe noch 400 000 fl., die sie zu Bartholomäi (24. August) und zu Weihnachten erlegen wollten. Letztere Summe wurde auf die kaiserliche Replik hin am 25. Februar auf 500 000 fl. erhöht, wovon jedoch die Naturalverpfle­gung für die Armee sowie die gestellten Pferde abgerechnet werden sollten, was den Ständen als Rechtfertigung dafür gedient haben dürfte, daß diese Sondersteuer of­fenbar nicht in barem Geld aufgebracht wurde44. Die oberösterreichischen Stände bewilligten im Jänner 1645 insgesamt 301 000 Gulden (davon 70 000 fl. sofort zahlbar) und umfangreiche Getreidelieferungen, der Prälatenstand außerdem ein Darlehen von 15 000 fl.45. Am 11. Februar 1645 ersuch­te der Kaiser in einem Handschreiben den Grafen Franz von Harrach, Verordneten des obderennsischen Herrenstands, die zur Remontierung der von Feldmarschall Graf Götz aus Ungarn herangeführten Regimenter dringend benötigten, noch in Linz bei Handwerkern liegenden 600 Reitermäntel, 900 Paar Stiefel und Socken sowie 300 Sättel „sambt darzugehörigen zeug“ bar zu bezahlen oder auf seinen eigenen Kredit auszulösen und nach Böhmen zur Armee zu schicken46. Von schwer zu quantifizierender, aber wahrscheinlich nicht ganz geringer Bedeu­tung für die Aufrechterhaltung der Kampffähigkeit der kaiserlichen Armee waren Naturaldarlehen einzelner Adeliger (und Prälaten). So machte sich beispielsweise am 4. Jänner 1645 Maximilian von Trauttmansdorff erbötig, neben den bereits frü­her vorgestreckten 2 000 Strich weitere 3 000 Strich Korn und 1 000 Strich Hafer darzuleihen47. Am 20. März, also zwei Wochen nach der Schlacht bei Jankau, forderte Erzherzog Leopold Wilhelm als kaiserlicher Kommissär vom oberösterreichischen Landtag unter anderem die Aufbringung und Ausrüstung von 4 000 Mann durch die Stände innerhalb von vier Wochen (durch Werbung oder Aufgebot). Die aufgebrachten Soldaten sollten auf die Regimenter aufgeteilt werden und - dieser Hinweis gilt be­sonders für Angehörige des Landesaufgebots, die „eigentlich“ nur innerhalb des Landes zu dessen Verteidigung verwendet werden durften - verpflichtet sein, auch außerhalb des Landes zu kämpfen48. Die Stände bewilligten schließlich 2 000 Mann und 5 000 Reichstaler49. Finanznot und Friedenssehnsucht. Der Kaiserhof im Jahre 1645 43 Hofkammerarchiv Wien [künftig: HKA Wien], Hoffmanz, rote Nr. 297, Konv. Jänner 1645, Ferdi­nand III. an die Landtagskommissäre unter der Enns, Linz, 4. Jänner 1645 (Abschrift). Ebenda weitere Schreiben mit demselben Betreff. 44 Vgl. Broucek: Bedrohung Wiens, S. 142 f.; Stundner: Verteidigung, S. 160 f. und 166 f.; Ortner: Landtage, S. 81 f., 84 und 203-207. 45 Broucek: Leopold Wilhelm, S. 19 Anm. 36. 46 HKA Wien, Hoffinanz, rote Nr. 297, Konv. Februar 1645, Kaiserliches Handschreiben an Franz Graf I larrach, Prag, 11. Februar 1645 (Abschrift). 47 Li va (Bearb.): Prameny, Teil 7, S. 277 (Ferdinand III. an die Böhmische Kammer, Linz, 4. Jänner 1645). 48 Broucek: Leopold Wilhelm, S. 19. 49 Ebenda, S. 21. Vgl. auch Broucek: Schwedenfeldzug, S. 13. 8

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