Schiriefer, Andreas: Deutsche, Slowaken und Magyaren im Spiegel deutschsprachiger historischer Zeitungen und Zeitschriften in der Slowakei - Interethnica 9. (Komárno, 2007)
1 Einleitung
sondern als geplant aufgrund der Entscheidung zwischen Alternativen. Wie in Anbetracht einer jeden Quelle ist natürlich auch hinsichtlich der Zeitungen eine eingehende historische, aber vor allem auch ideologische Quellenkritik erforderlich. Nur dann lässt sich das Selbstgespräch des Journalismus über die Zeit richtig entschlüsseln; dann jedoch besteht auch die Möglichkeit, der vergangenen Zeit, ihren Ereignissen und Gedanken ganz unmittelbar zu begegnen. Nicht unerwähnt sollte bleiben, dass mit der Auswahl ausschließlich deutscher Zeitungen - einschließlich derer, die zwar in zwei- oder gar dreisprachigem Format erschienen, aber dennoch überwiegend deutsche Anliegen vertraten - auch ein explizit „deutscher" Standpunkt der Betrachtung eingenommen wird. So sollte man von der vorliegenden Arbeit keine erschöpfende, das heißt alle Sichtweisen gleichermaßen beleuchtende Analyse des Verhältnisses von Deutschen, Slowaken und Magyaren erwarten. Tatsächlich geht es eher um den Umgang mit dem Thema oder um Charakterisierungen der einzelnen Volksgruppen durch deutsche Zeitungen, das heißt durch den Blickwinkel deutscher Redakteure oder deutschgesinnter Kommentatoren und Autoren. Ein Wort noch zu der Auswahl der Zeitungen. Ursprünglich befanden sich 16 Zeitungen und drei Beilagenblätter im Bestand der möglichen zu analysierenden Zeitungen. Im Laufe der Recherchen jedoch kristalisierte sich ein Kern von sechs Zeitungen und drei Beilagenblättern der Preßburger Zeitung heraus. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe: zeitliche, auch finanzielle, einige Blätter waren in den Archiven gar nicht mehr zu finden (hier betroffenen leider auch einige der vermutlich sehr interessanten Beilagenblätter der Preßburger Zeitung), einige wiederum nur in der Nationalbibliothek Budapest. Manche der Zeitungen wiesen nur einen sehr kurzen Erscheinungszeitraum auf, etwa ein Jahr oder auch darunter. Die schließlich - freilich nicht durchgängig - untersuchten Blätter decken die wichtigsten Siedlungsgebiete der Deutschen in der Slowakei weitgehend ab, namentlich das Preßburger Gebiet, die Zips mit Leutschau, die Bergbaustädte in der Mittelslowakei sowie Kaschau als bedeutendste Stadt der Ostslowakei. Auch zu den theoretischen Grundlagen der Arbeit sollten an dieser Stelle einige Erläuterungen erfolgen. Eine Untersuchung, die sich mit den Themenbereichen Nation und Nationalismus beschäftigt, kann neuere Theorien, Modelle und Erklärungsversuche, die sich mit diesen Themen auseinandersetzen, nicht außer Acht lassen. Gerade innerhalb der letzten zwanzig Jahre erlebte die Forschung in diesem Bereich einen neuen Aufschwung. Jedoch sind Ansichten und Ergebnisse über weite Strecken sehr heterogen, was die Arbeit an solchen Themen nicht unbedingt leichter und übersichtlicher macht. Insgesamt lassen sich die drei großen Richtungen der Primordialisten, Modernisten und Ethno-Symbolisten unterscheiden.3 Soweit dies für das Thema 3 Einen guten Einblick in die Thematik und die verschiedenen Forschungsrichtungen bietet Umut Özkirimli: Theories of Nationalism. A critical Introduction, Houndmills 2000. Einen Überblick über die verschiedenen Richtungen liefert auch - allerdings aus seiner modernistischen Sichtweise - John Breuilly in seinem Aufsatz „Wege zum Verständnis des Nationalismus", deutsch abgedruckt in: ders.: Nationalismus und moderner Staat. Deutschland und Europa, Köln 1999, S. 237-269. 12