Liszka József (szerk.): Az Etnológiai Központ Évkönyve 2015 - Acta Ethnologica Danubiana 17. (Dunaszerdahely-Komárno, 2015)

Tanulmányok - Viga Gyula - Viszóczky Ilona: A bodrogközi borról és a mai borünnepről

Die erstere sollte die Frage der Terminologie sein. Natürlich denke ich hierbei an den Begriff Felvidék (Oberland), der in der ungarischen Sprache nicht auf eine allzu lange Geschichte zurückblicken kann. Als geographischer Begriff, hat das Wort ursprünglich im Allgemeinem ein Gebiet bezeichnet, das im Vergleich zu einem benachbarten, flacheren Gebiet höher gelegen ist (z. B. Balaton-Oberland, Schottisches Hochland usw.). In diesem Sinne scheint es vielmehr ein Äquivalent des slowakischen Begriffes Vysočina zu sein - und nicht von Horná zem. Der Begriff Felvidék wurde erstmals von Lajos Kossuth in einer seiner Reden 1848 verwendet, womit das spätere, mehr oder weniger konkret umrissene Gebiet bezeichnet war. Er verstand darunter die nördlichen, hügelig-bergigen, hauptsächlich von Slowaken bewohnten Regionen der heutigen Slowakei. Um die Begriffsgeschichte kurz zu fassen, genügt es, wenn wir feststellen, dass der Begriff Felvidék in der ungarischen Sprache nach 1918 praktisch zum Synonym der Slowakei avancierte. Seit 1989 kann man allerdings eine gewisse Schrumpfung der bezeichneten Region beob­achten bzw. eine Verschiebung nach Süden: Inzwischen bezeichnet das Wort die südlichen (!), meist von Ungarn bewohnten, naturgeographisch gesehen gar nicht oberländischen Gebiete der Slowakei. In diesem Kontext lässt sich auch die Semantik des oben genannten Oberländischen Hauses (Felvidéki Ház) verorten. Unter der Bezeichnung Felvidék verstehen die Organisatoren keineswegs das „klassische Oberland“, d. h. das heutige Gebiet der Slowakei, sondern nur dessen südliche Regionen, die ja von vornherein stillschweigend als ungarisch gedacht werden, wobei die Formulierung oberländisch-ungarisch (felvidéki magyar) nie verwendet wird! Auch der Titel des Buches, das begleitend zur Ausstellung erschienen ist - Felvidéki népviseletek babákon - (deutsch etwa: Oberländische Trachten­puppen), scheint diese Praxis zu belegen (Szobiné 2006). Hier wurde wohl ebenfalls nicht das klassische Oberland gemeint - sonst hätten ja in der Sammlung neben den ungarischen auch etwa goralische, zipserdeutsche, Liptauer und Detvaer slowakische, Scharoscher ukrainische sowie ruthenische usw. Trachten ihren Platz erhalten müssen. Wir konnten jedoch sehen, dass die Dauerausstellung lediglich den ungarischen Trachten der südslowakischen Regionen gewidmet ist. Auch hier handelt es sich also offensichtlich um ein Phänomen, dass unter dem Begriff Felvidék nur der südliche, ungarische (bzw. als ungarisch angenommene) Landstreifen der heutigen Slowakei verstanden wird. Der Begriff Felvidék für sich alleine ist also in dem ungarischen Sprachgebrauch praktisch nicht mit Inhalt zu füllen. Man sollte daher immer mit einbeziehen, von wem, wann und in welchem Zusammenhang dieses Wort verwendet wird - vielleicht wird es dann auch klar, was man darunter verstehen will (vgl. Liszka 2002, 28-30; Liszka 2003, 26-28; Liszka 2010a, 12-18; Paládi-Kovács 1994). Meine zweite Bemerkung bezieht sich auf die Volkskultur, in diesem Fall auf die Volkskultur der Ungarn in der Südslowakei. Über diese regional sehr stark differenzierte Kultur sollte man zunächst wissen, dass diese in der Tat gar nicht so einheitlich ist (die detail­lierte Begründung dieser These würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen; vgl. Liszka 2003; Liszka 2010). Die Verwandtschaft der Volkskultur der Ungarn, die in zahlreichen Kleinregionen zerstreut, in einem ca. fünfhundert Kilometer langen (mal breiteren, mal schmaleren) Landstreifen leben, ist in Wirklichkeit viel enger mit jenen Volkskulturen, die mit ihnen jeweils direkt im Norden (slowakisch) und Süden (ungarisch) angrenzen, als es mit­einander, innerhalb des „ungarischen“ Landstreifens (an einer gedachten west-östlichen Achse) der Fall wäre. Anders ausgedrückt: Die Volkskultur der südwestslowakischen Schüttinsel, des mittelslowakischen Süd-Gemers sowie des südostslowakischen Kleingebietes Bodrogköz ist sowohl historisch gesehen als auch in ihrem Gesamtcharakter (!) voneinander sehr unterschiedlich. Es gibt also keine einheitliche Volkskultur der Ungarn in der Slowakei. Die „ungarische Volkskultur in der Slowakei“ ist daher nichts als eine sinnlo-136

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