Liszka József (szerk.): Az Etnológiai Központ Évkönyve 2011 - Acta Ethnologica Danubiana 13. (Dunaszerdahely-Komárno, 2011)

Tanulmányok - Michael Prosser-Schell: Néprajzi-kultúrantropológiai megközelítések a "misztériumjátékhoz". Új aspektusok az ünnepkutatás egy klasszikus területén (Összefoglalás)

Fest gebundene Verkündungsbotschaft auch analphabetischen Schichten zu vermitteln, in die­sem Zusammenhang in ihrer Effektivität über die Predigt hinausgehend.7 Wenn man sich das einmal im ganzen anschaut, wird relativ deutlich klar, worum es den Veranstaltern und geistli­chen Förderern geht: Im Vordergrund steht die Auszeichnung als frommes Werk, das das Seelenheil sichert - aber es soll auch Ergänzung und Erweiterung der Osterpredigten sein, da man den Einprägungseffekt der szenischen Darstellung als höher einschätzte als den der nur verbalen Predigt. Aus den Genehmigungsstatuten der Schauspiele und Passionsbruderschaften lässt sich das gut herauslesen, es gibt Belegstellen für Strassburg, Friedberg bei Frankfurt, oder auch Würzburg. Wir können hier nur eine einzige zitieren, die 1504 publizierte Bestätigung der Mainzer Passionsspielbruderschaft durch den Erzbischof Berthold von Henneberg, ausgewählt hier wegen der doch sehr starken Sprache: „Maior enim passionis eius devotio oculata repraesentatione quam per aures animis orthodoxorum inßgitur. “8 „Andacht an die Passion wird nämlich durch die Vorstellung vor Augen mehr und stärker in den Geist und in die Seelen der Rechtgläubigen hineingeheftet, mehr als durch die Ohren“ Ein entscheidendes Wort ist das „infigitur“ - die Sache soll ins Gedächtnis der Gläubigen hinein­geheftet werden, um dort stecken zu bleiben. Vorgeschaltet und von prinzipieller Funktion war demnach der Tradierungsaspekt - also die wichtigsten Inhalte der christlichen Botschaft zur Erinnerung gleichsam zu promulgieren, indem sie in zyklischer, eben festtagsgebundener Wiederholung im „Bewusstsein der Menschen vertieft werden“ (Werner Mezger).9 Die Weitergabe und das Behalten religiös und gesellschaftlich relevanter Inhalte beruht in einer heortologisch angelegten Gedächtniskultur darauf, dass an bestimmten Tagen oder Terminphasen ein sozial verbindlicher Inhalt vermittelt und durch Anwesenheit, vor allem durch Anwesenheit bestätigt wird (das heißt, allein durch Anwesenheit und gemeinschaftli­ches Wahmehmen kann die Geltung des Vermittelten bestätigt werden und bestätigt sein, weil jeder weiß, dass jeder andere mitgehört und akzeptiert hat). Wie gesagt, es geht um Inhalte, die gemerkt werden müssen und merkbar sein müssen (das meint das „infigitur“), und insbe­sondere übernommen, weitergetragen, also tradiert werden müssen. Da bei der Etablierung dieser universal übergreifenden Inhalte in Mitteleuropa die Bedingungen einer weitgehenden Illiteralität herrschen, hatten sie ad personam zur Aufbewahrung gegeben zu werden. Man muss damit total auf Zeugenschaft bauen, und deshalb sind die großen Mysterienspiele eben kein Massenmedium an ein disperses Publikum, wie das Rainer Hans Schmid konstatiert hat (Rainer Hans Schmid 1975), sondern Vergesellschaftung unter Anwesenden, die voneinander wissen, dass sie anwesend sind und deshalb sehen und hören. Die Aufführungen sind also nicht nur demonstrative Nachvollzug biblischer Schlüsselszenen als gesellschaftlich zentraler Inhalt, sondern auch die Art und Weise seiner rituellen Tradierung, gerade weil diese Situation die Trennung zwischen Spielgeschehen und Zuschauern nicht kennt. Anwesenheit kann so auch Anerkennung und Adaption dieser Inhalte bedeuten. 7 Janota 2008, 439—J70, hier insbes. 440-441. Janotas neuer Beitrag will sich aber gerade auch auf mögliche, eruierbare Wirkungen der Spiele anhand von Aufführungsnachrichten konzentrieren. Er beruht auf einer syste­matischen Auswertung von Bernd Neumanns umfassender Edition geistlicher Schauspiele des Mittelalters, s. Bernd Neumann 1987. 8 Edition bei Bernd Neumann 1987, Bd. 1, s. 575-577, hier 575. 9 Schon Werner Mezger hat diese Funktion betont (s. Mezger 2010, 480; Mezger 1994, 219-220); Johannes Janota hat diesen Aspekt neuerdings wieder aufgenommen (s. Janota 2008). 37

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