Liszka József (szerk.): Az Etnológiai Központ Évkönyve 2003-2004 - Acta Ethnologica Danubiana 5-6. (Dunaszerdahely-Komárno, 2004)
Tanulmányok - Seifert, Manfred: Farsangi perec, húsvéti tojás, bor. A kereszténység hatása a közép-európai táplálkozási kultúrára
Fastenbrezen, Ostereier, Wein Überlegungen zum Einfluss des Christentums auf die mitteleuropäische Nahrungskultur Zusammenfassung Die christlichen Kirchen haben seit ihrem Bestehen immer wieder versucht, auf die Nahrungskultur Mitteleuropas Einfluss zu nehmen. Einerseits geschah dies in bewusster Absicht, etwa über kirchliche Gebote. Andererseits veranlassten kirchenamtliche Praktiken und klerikale Kulturformen ihre Auswirkungen auf die Nahrungskultur, ohne dass dies explizit intendiert gewesen wäre. So haben etwa die liturgischen Regelungen und Praktiken um die Eucharistiefeier eine herausragende Vorbildfunktion auf das mitteleuropäische Ernährungsvcrhalten ausgeübt. Obwohl derartige Verbindungen zwischen der christlichen Glaubensform und dem Alltagsverhalten in Ernährungsfragen zumindest für die Vergangenheit unbestritten sind und in Einzelaspcktcn dargelegt wurden, fehlt in dieser Frage eine Gesamtschau. Den Weg zu einer derartigen Gesamtschau möchte der vorliegende Aufsatz bereiten, indem er einige Forschungsergebnisse zusammenführt und in das Raster einer theoretisch fundierten Systematik einfügt. Ausgangspunkt ist die Fragestellung, in welchem Ausmaß es den christlichen Religionen gelungen ist, die mitteleuropäische Ernährungskultur nach ihren Maßstäben zu prägen. Um dieser Frage nachzugehen, wird das Modell zur Nahrungskultur angewandt, das Ulrich Tolksdorf entwickelt hat. Um die Möglichkeiten zu erfassen, die das Christentum zur Beeinflussung zur Verfügung hatte (und hat), werden einleitend die Dimensionen dieser Einflussnahme erwogen. Anschließend an diese generellen Überlegungen wendet sich der Beitrag konkreten Beispielen für die religiös intendierte Beschäftigung des Christentums mit der Nahrungskultur zu. Hier werden zunächst in einem knappen Rundblick die verschiedenen Ebenen der kirchlichen Einflussnahme behandelt: bildnerische Darstellungen und Prcdikttcxte, Stellungnahmen bedeutender Kirchenvertreter, amtskirehliehe Segnungen sowie schließlich die liturgische Praxis, wie sie durch die Regelungen von Eucharistie und Abendmahlsfeier festgelegt wurden. Daran schließen die zehn Einzelbetrachtungen ausgewählter Nahrungsmittel und kirchlicher Regularien an. Im Einzelnen sind dies die christlichen Fastenregelungen, das Osterei, die Brezel sowie das kirchliche Verhältnis zu Fleisch, Fisch, Wasser, Salz, Brot und zu Alkohol im Allgemeinen und Wein im Besonderen. Ungeachtet aller dargestclltcn Spezialitäten und Unterschiede lässt sich daraus resümieren, dass die christlichen Kirchen durchaus die Möglichkeiten nutzten, ihre Konzepte und Wertungen in Bezug auf die Nahrung zu präsentieren und auch durchzusetzen. Dies gilt sowohl für die Nahrungsmittel selbst wie auch für die Zubereitungsweisen, ebenso für die Dimension der „sozialen Zeit“ und des „sozialen Ortes", womit gesellschaftlich definierte Zeitabschnitte (wie die Fastenperiode) und Örtlichkeiten (wie der Kirchenraum oder die häusliche Tischgemeinschaft) erfasst werden. Zwar legten die Kirchenorganisationen in manchen Fällen selbst die ökonomische Basis, um ihre Absichten verwirklichen zu können, was etwa beim Weinbau und der Landwirtschaft insgesamt gesagt werden kann. Jedoch aufs Ganze betrachtet konnte das Christentum keinen umfassenden Einfluss auf das mitteleuropäische Ernährungsverhalten ausüben. Die nachhaltigste Auswirkung des Christentums ist also weniger in der Auswahl der verschiedenen Nahrungsmittel und ihrer Zubereitung und Konsumation zu sehen als vielmehr in der mentalen Einstellung zur Nahrung im Allgemeinen. Dies betrifft einerseits die klassifikatorische Unterscheidung zwischen Fleisch und Fisch, und andererseits ein grundsätzliches Qualitätsbewusstsein gegenüber den Grundnahrungsmitteln, das bis in die moderne Ökologiethematik und Tierschutzbestrebungen fortwirkt. 39