Liszka József (szerk.): Az Etnológiai Központ Évkönyve 2000-2001 - Acta Ethnologica Danubiana 2-3. (Dunaszerdahely-Komárom, 2001)

1. Tanulmányok - Van der Kooi, Jurjen: Határtörténetek - határokon átnyúló történetek

Die ethno- und linguazentrischen Betrachtungs- und Darbietungsweisen der Volkser­zählung haben auch das folgende, mit dem gerade Angesprochenen zusammenhängende Problem generiert. Fast immer wenn ein Buch aus den Gruppen C. oder D. Erzählungen aus einem nach einer Sprache oder einem Volk benannten Gebiet beziehungsweise Land präsen­tiert, werden darin nur Erzählungen in der Hauptsprache dieses Gebiets oder Landes, oder in den dazu gehörigen Mundarten dargeboten. Besonders für Großregionen mit einer sprachlich wie ethnisch sehr gemischten Bevölkerung, wie das südliche Mitteleuropa oder den Balkan, kann diese Verfahrensweise zu erheblichen Zerrbildern führen. Wenn man zum Beispiel nur auf rumänisch erzählte Volkserzählungen als Volkserzählungen aus Rumänien betrachtet und die Erzählungen der deutsch- und ungarischsprachigen Einwohner Rumäniens unberück­sichtigt läßt, tut man der Mehrsprachichkeit dieses Landes und seiner Erzähler kein Recht, und es droht die Gefahr, daß man die Komplexität der Erzählwirklichkeit und ein eventuelles Miteinanderverwobensein von differenziert gedachten Erzähltraditionen übersieht. Ein Beispiel aus Ungarn kann dies verdeutlichen. In 1991 veröffentlichte der niederländische Slavist Peter Houtzagers eine Erzählung, die bei einem alten Einwohner des kroatischsprachichen Dorfes Kópháza in der Nähe vom ungarischen Sopron aufgenommen war (Houtzagers 1991). Es ist eine sehr lange Geschichte, über 22 Seiten in Druck, ein typisches Konglomeratmärchen aus der Kategorie ‘Märchen vom dummen Teufel’, in dem der Erzähler manches international bekannte Märchen vom Typ ‘Wettstreit mit dem Unhold’ eingebunden hat, sowie auch folgenden Schwank, der nicht im Aame-Thompsonschen Typenkatalog zu finden ist. Ich zitiere, etwas gekürzt: „Der Teufel sagte - zu Marko, dem Helden des Märchens, einem Schneider, der ihn schon mehrfach betrogen hatte - Weißt du was? Gehen wir jetzt in eine Scheune und sehen wir, wer am stinkigsten Furzen kann. ” Also gut, sie gingen fort. Der Teufel ließ in der Scheune einen solchen Wind fahren, es gab einen solchen Gestank, daß sich sogar der Teufel die Nase zuhielt. Er schaute und sah, daß Marko auf dem Gestank aufgestiegen war bis zum First der Scheune, dort wo das Rohr auf dem Dach liegt. Er sah nach oben. ’’Pfui”, sagte er, denn auch ihm stank es, ’’Was machst du da?” Marko sagte: ”Weißt du, ich mache dieses Loch zu, denn wenn ich herunterkomme und an der Reihe bin, wirst du durch das Loch hinaus fliegen, und zwar so schnell, daß ich dich nie Wiedersehen werde. ” ’’Herrje", sagte der Teufel, ‘dann lieber nicht, lieber nicht!” Wieder hatte Marko den Teufel an der Nase herumgeführt “ (Houtzagers 1991,231). Und so geht es weiter, bis Marko den Teufel am Schluß endgültig abschreckt mit dem nackten Hintern einer junge Frau. Er macht ihm weis, es sei ein Schraubstock, und da er ihn schon früher in einem solchen gefangen hatte, macht der Unhold sich aus dem Staub. Der Erzähler schämt sich etwas wegen dieser derben Geschichte, ’’aber so habe ich es gehört”, beteuert jedoch, es sei eine kroatische Geschichte: ’’Diese Erzählung ist schon so alt, daß sie uns Kroaten hier schon vor sehr langer Zeit überliefert worden ist.” Das kann sein, aber es ist auch in allem, abgesehen von der Sprache, eine ungarische Erzählung. Sie mag in Aame-Thompson fehlen, sie findet sich aber in dem ungarischen Märchenkatalog von Agnes Kovács und ihren Mitarbeitern. Unter der Nummer MNK 1100* wird dort ein Erzähltyp ‘Wettbewerb im Windlassen’ wie folgt zusammengefaßt: ‘Der Teufel und der Mensch wett­eifern, wer größere Winde gehen lassen kann. Der Wind des Teufels hebt den Menschen in 197

Next

/
Thumbnails
Contents