Katholischen Gymnasium, Schemnitz, 1854
7 fetten grammatischen Vollendung ein ganzes System darstellen, mitbin ein immer# währendes Zurückbeziehen auf ihre Grundsätze verlangen, so gewöhnen sie den Jüngling logisch zu denken; und ist einmal sein Geist an das logische Denken gewohnt und formell ausgebildet, so wird er später in alle Fächer des Wissens leichter eindringen und kaum einem’ solchen Hinderniße begegnen, das er nicht besiegen könnte. Ein formell herangebildeter Geist ist ähnlich jenem wohl bebauten Felde, welches hundertfach das Korn, das ihm anvertraur wurde, vervielfältigt. Die Kinder ohne gehörige Vorbildung viel mit Wissenschaften zu beschäftigen, ist nicht zweckdienlich; denn hiedurch werden nur flache Köpfe gebildet, die auf der Oberfläche sich begnügen, unfähig in das Innere der Wissenschaft einzudringen und den wahren Werth tiefer Einsicht zu fühlen, weil die erste Neigung und Leidenschaft zu ihr durch einen Schatten befriedigt wurde. — Wenn es auch Männer gibt, die ohne altklassiche Bildung eine edle Denkungsart besitzen, so sind diese nur ehrenvolle Ausnahmen; hier aber handelt es sich nicht von einzelnen ausgezeichneten Naturgaben, sondern von der Menge derjenigen, die zu höheren Ständen herangebildet werden sollen; diese aber wird überhaupt durch altklassische Lehre hiezu am zweckmäßigsten befähigt. — Den ersten grammatischen Unterricht muß zwar der Schüler in der Muttersprache empfangen, damit dieser jenem in den andern Sprachen als nörhige Grundlage diene, auf der die sprachlichen Verhältnisse und die daran geknüpften Gedankenbeziehungen der fremden Sprache entwickelt und vor das Bewußtsein gebracht werden; allein die Muttersprache liegt dem Schüler zu nahe, sie ist mit seinem geistigen Wesen zu eng verbunden und in die Empfindung zu stark eingewurzelt, als daß sie seine Aufmerksamkeit und Geistes- spannung in solchem Grade anzuregen und zu fesseln im Stande wäre, als es die fremde Sprache zu thun vermag, da er oft glaubt das nicht mehr lernen zu müssen, was er ohnehin schon weiß. Die fremde Sprache dagegen nimmt seine Aufmerksamkeit mehr in Anspruch, nöthigt ihn aus seinem Jdeenkreise hinauszutreten und den Geist anzustrengen, und eben diese mäßige Anstrengung ist das, was die Entwicklung der Geisteskräfte und selbst die Bildung der Muttersprache fördert. Endlich werden viele Ideen, die uns in der Muttersprache fast gänzlich unbemerkt oder doch dunkel bleiben, bei dem Studium der altklassischen Sprachen von uns wahrgenommen und bis zu ihrer möglichsten Deutlichkeit erhoben, theils weil sie in der fremden Sprache wegen ihres schärferen Gepräges mehr in die Augen fallen, theils weil durch ihre uns noch neue Vorstellungsart und Beziehung unsere Aufmerksamkeit auf dieselben jetzt zum ersten Male rege gemacht wird. Aus allem diesem geht klar hervor, daß das altklassische Studium zur vollständigen Ausbildung des Geistes überhaupt nothwendig ist. 3. Obwohl die lateinische und griechische Sprache den wesentlichen Theil des Gymnasiums ausmachen und dasselbe charakterisiren, so schließen sie dennoch nicht den ganzen Umfang des Gymnasialunterrichtes ein; es gibt nebstbei auch andere Kenntniße, in welche die Gymnasien den Jüngling einführen und hiedurch seine allgemeine Bildung zu fördern anstreben. Ein großes Moment in den Gym-