Die frage der Ungarn-Flüchtlinge von 1956 in Iserlohn. Quellensammlunk - A Szabolcs-Szatmár-Bereg Megyei Levéltár Kiadványai II. Közlemények 35. (Nyíregyháza, 2006)

Quellen - Zeitungsartikel

Die Situation ist beschämend und bedrohlich zugleich - von der Ernüch­terung abgesehen, die den Hilfsbereiten aus dieser „Lektion" erwuchs. Der ständige Ruf in unserer Zeit nach der Hilfe des Staates - eine Konsequenz des kollektiven Unsicherheitsgefühls - ist nicht ungehört verhallt: der Staat, die Bürokratie, der Apparat haben die Initiative an sich gerissen und wachen nun über das „legitime" Recht der alleinigen Verantwortlichkeit wie weiland Fafner über den Nibelungenschatz. Das Ungeheuer kollektivistisch regulier­ter Verantwortlichkeit hat Riesenkräfte bekommen und erstickt in seiner biederen Umarmung jede individuelle Regung, jede aus freiem Willen geborene Gemeinschaftsleistung örtlich begrenzten Charakters. Dabei will der Staat gewiß nichts Böses - er will nur, daß die Hilfe (von ihm) gelenkt und sorgfältig registriert wird. Was auf der Strecke bleibt ist ja nicht die Hilfe an sich, sondern „nur" die spontane, individuelle Hilfsbereitschaft. Man wird sagen: was bedeutet das schon? Wer Axel Klute ein Zimmer angeboten hat, wird seine Meldung nun bei der Stadt abgeben (siehe Aufruf in der Samstag-Ausgabe), wer einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellte, wird diesen nun dem Arbeitsamt melden und wer sonst noch was zu geben hat, kann sich an das DRK wenden. Die Flüchtlinge selbst kämen dabei (viel­leicht) nicht zu kurz. Fraglich aber ist, ob sich in einem anderen Falle wiederum Männer uneigennützig zur Verfügung stellen, um Hilfe zu organi­sieren, Fernschreiben zu schicken, Geld und Zeit zu opfern für eine Sache, die sie - um mit der Bürokratie zu sprechen - persönlich eigentlich „gar nichts angeht". Wir wollen nicht übertreiben und auch nicht das Kind mit dem Bade aus­schütten, aber das Wort vom „freien Westen" hat sich in diesem Falle als recht illusorisch erwiesen. Ein an und für sich unverlierbares Recht des freien Menschen, ein wirklich allgemeines Menschenrecht - das Recht, ja eigentlich die Pflicht zur Hilfeleistung - scheint endgültig in die „Obhut" des Staates übernommen, kollektiviert worden zu sein. Aus den Trümmern dieser privaten Aktion konnte lediglich ein Angebot vor dem staatlichen Zugriff gerettet werden: eine bestimmte Iserlohner Gruppe erklärte sich bereit, zwei Ingenieurschülern unter den Ungarn­Flüchtlingen Studium und Aufenthalt in Iserlohn zu finanzieren. argus

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